Konservierung von Eierstockgewebe kann die Fruchtbarkeit von Krebspatientinnen erhalten

29. August 2019 – News

Krankenkassen lehnen die Finanzierung meist ab

Viele junge Krebspatientinnen sind durch ihre Erkrankung und die notwendige Behandlung von Unfruchtbarkeit bedroht. Eine wichtige Methode zur Fruchtbarkeitserhaltung ist die Entnahme und das Einfrieren von Eierstockgewebe. Es kann später wieder in die Bauchhöhle eingepflanzt werden und dann sogar Schwangerschaften auf natürlichem Wege ermöglichen. Die Methode ist in der Leitlinie der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften anerkannt und empfohlen. Durch fehlende Finanzierung durch die Krankenkassen geraten junge Krebspatientinnen in eine Notlage.

Berlin, 29. August 2019. Mehr als 80 Prozent der Mädchen und jungen Frauen mit Krebs können geheilt werden. Doch die notwendige Behandlung mindert oder vernichtet bei vielen von ihnen die Fruchtbarkeit. Ohne Aussicht auf eigene Kinder leben zu müssen ist eine schwere Belastung.

Für viele Mädchen und junge Frauen wäre die Erhaltung der Fruchtbarkeit durch Konservierung von Eierstockgewebe möglich. Eine Erklärung des Verfahrens hat die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs auf ihren Wissens-Seiten veröffentlicht:

Die Entnahme von Eierstockgewebe erfolgt durch eine Schlüsselloch-Operation mit Bauchhöhlenspiegelung unter Narkose. Danach wird das Gewebe per Kurier in eines der Labor-Zentren geschickt, die Erfahrung mit der Aufbereitung und dem Einfrieren haben.

Nach der Krebstherapie und im Falle der Schädigung der Eierstöcke kann das Gewebe erfolgreich mit einer weiteren Bauchhöhlenspiegelung wieder einpflanzt werden, wodurch der Zyklus für eine Zeit wiederhergestellt werden kann. In dieser Zeit werden befruchtungsfähige Eizellen gebildet und es kann auf natürlichem Weg zu einer Schwangerschaft kommen.

Die Methode ist durch die Leitlinie der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften anerkannt. Sie ist allerdings nur für die jungen Frauen zu empfehlen, bei denen keine Tumorzellverunreinigung der Eierstöcke droht, hat dann jedoch durch ihre schnelle Realisierbarkeit große Vorteile.

Fehlende Finanzierung durch die Krankenkassen.

Viele Betroffene wenden sich an die Stiftung, weil die Krankenkassen für die Konservierung von Eierstockgewebe nicht zahlen. Die jungen Frauen müssen die Kosten bis 2.300 Euro selbst tragen und auch für die jährlichen Lagerkosten von etwa 300 Euro aufkommen. Es entsteht ein enormer Druck, weil die Konservierung in der kurzen Zeit zwischen Diagnose und Behandlungsbeginn durchgeführt werden muss und dann auch die Kosten fällig werden. Viele junge Frauen und ihre Familien haben diese Geldmittel nicht. Es entsteht eine unwürdige Notlage.

Wieso zahlen die Kassen nicht? Die Regelungen für die Finanzierung der Fruchtbarkeitserhaltung sind so kompliziert, dass selbst im Gesundheitswesen Tätige sie oft nicht verstehen. In diesem Fall hat es nämlich nichts mit der neuen Fassung des § 27a SGB V durch das sogenannte Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) im Mai 2019 zu tun. Hier wird die Kryokonservierung von Keimzellgewebe FÜR DIE KÜNSTLICHE BEFRUCHTUNG geregelt. Das trifft bei dem beschriebenen Verfahren für das Eierstockgewebe jedoch nicht zu.

Da das Verfahren die natürliche Fruchtbarkeit wiederherstellen kann, wird es rechtlich als Krankenbehandlung nach § 27 SGB V betrachtet. Auch hierzu finden sich wichtige Informationen auf den Wissensseiten der Stiftung:

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in der Entscheidung vom 17. Februar 2010, Az. B 1 KR 10/09 R festgestellt, dass die Kosten für das Einfrieren von Eierstockgewebe als Teil einer Behandlung zur Wiederherstellung der natürlichen Fruchtbarkeit nach § 27 Absatz 1 des Sozialgesetzbuchs V grundsätzlich zu übernehmen sind.

Da das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg im vorausgehenden Prozess aber nicht alle erheblichen Tatsachen festgestellt hatte, wurde der Rechtsstreit vom BSG an das LSG zurückverwiesen. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg wies dann die Kostenübernahme in seinem Urteil AZ L 1 KR 112/10 ZVW vom 7.10.2011 ab. Ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen hielt die Methode für noch nicht etabliert und anerkannt.

Nach wie vor orientieren sich die Krankenkassen in der Regel an der Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg von 2011 und zahlen nicht. Es wird ignoriert, dass mittlerweile viele neue Daten vorliegen und das Verfahren durch die Leitlinie der medizinischen Fachgesellschaften anerkannt und empfohlen wird.

Was können Betroffene tun?

Wir empfehlen, in jedem Fall einen Antrag auf Kostenübernahme an die Krankenkasse oder Krankenversicherung zu stellen. Dies kann formlos geschehen. Vorlagen für die Anträge hat die Stiftung auf ihren Seiten bereitgestellt.

Achtung, mit telefonischen Absagen sollte man sich auf keinen Fall zufrieden geben. Wird die Kostenübernahme schriftlich abgelehnt, lohnt sich ein Widerspruch. Er muss meist innerhalb eines Monats schriftlich eingelegt werden. Auch dies kann formlos geschehen und ist nicht mit Kosten verbunden. Wird auch der Widerspruch abgelehnt, kann eine Klage vor dem Sozialgericht erhoben werden.

Gelegentlich schrecken Betroffene vor einem Widerspruch zurück, weil sie aus Telefonaten den Eindruck bekommen, dass nach einem abgewiesenen Widerspruch automatisch die Klage vor dem Sozialgericht käme. Das ist jedoch nicht der Fall. Ob Klage erhoben wird, entscheidet einzig und allein die Betroffene. Eine Klage ist ein erheblicher Aufwand und es entstehen Anwaltskosten, was den Betroffenen in ihrer Situation meist nicht zuzumuten ist.

Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs unterstützt die Betroffenen praktisch und mit Informationen. Wir sind sehr an Informationen und Erfahrungen zur Reaktion der Kassen auf Kostenübernahmeanträge und Ablehnungen interessiert. Sie sind eine wichtige Grundlage für Ratschläge an die Betroffenen. Schickt uns eine Mail!

Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs ist im Juli 2014 von der DGHO Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. gegründet worden. Sie ist gemeinnützig anerkannt und finanziert sich ausschließlich über Spenden. Unterstützen Sie junge Erwachsene mit Krebs durch Ihre Spende!

Spendenkonto der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs:
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