Offene Gespräche, starke Impulse, echtes Miteinander – das Jahrestreffen der TREFFPUNKTE hat auch 2025 wieder gezeigt, wie viel Kraft in der Community junger Krebsbetroffener steckt.
Vom 9. bis 11. Mai wurde das martas Gästehaus Berlin zum Treffpunkt für rund 50 junge Erwachsene aus ganz Deutschland. Gemeinsam sprachen sie über ihre Erfahrungen mit Krebs – ehrlich, verletzlich, laut lachend, nachdenklich. Und vor allem: auf Augenhöhe.
Dass das Treffen in den martas Gästehäusern unweit des Hauptbahnhofs stattfand, passte perfekt: Der Ort steht für Offenheit, soziale Verantwortung und eine ruhige, geschützte Atmosphäre – mitten in Berlin. Als Teil der Berliner Stadtmission bringt er Menschen zusammen, die etwas Gemeinsames bewegt.
Eine Community mit Geschichte
Was 2016 als Netzwerk für junge Betroffene begann, ist heute eine echte Bewegung: Über 1.000 junge Menschen zwischen 18 und 39 Jahren sind mittlerweile bundesweit in den 30 TREFFPUNKTEN der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs aktiv. Rund 60 von ihnen engagieren sich ehrenamtlich – als Gruppenleitende, in der Öffentlichkeitsarbeit oder hinter den Kulissen.
Einmal im Jahr bringt das Jahrestreffen Betroffene zusammen: um neue Themen zu setzen, Impulse zu geben und sich gegenseitig zu stärken – jenseits von Klinikalltag, Therapieplänen und Krankenkassenformularen.
Ein Wochenende, das bewegt
Den feierlichen Auftakt bildete in diesem Jahr die erstmalige Verleihung des Mathias-Freund-Preises – eine emotionale Würdigung des besonderes Engagements für junge Krebspatient:innen. Danach ging es direkt in die inhaltliche Tiefe: Workshops, Diskussionsrunden und persönliche Gespräche bestimmten das Wochenende – begleitet von einem offenen, geschützten Rahmen, in dem Platz war für Fragen, Sorgen, Mut – und auch ganz viel Lachen.
Cosimo war bereits mehrfach beim Jahrestreffen dabei und beschreibt es so: „Das Jahrestreffen ist wie ein Klassentreffen für Erwachsene – man trifft alte Bekannte, lernt neue Menschen kennen und gönnt sich dabei eine kleine Auszeit vom Alltag. Alle kommen mit ähnlichen Themen – der Austausch tut einfach gut!“
Im Gespräch mit Expertinnen
Ein besonderes Highlight war der Workshop „Sexualität und Krebs“, geleitet von Angelika Vilkama und Johanna Pantel. Die beiden Sexualberaterinnen begleiten Menschen professionell und sensibel in Fragen rund um Intimität, Nähe und Begehren – auch (und gerade) nach einer Krebserkrankung.
Einen weiteren Impuls lieferte der Workshop „Arbeiten mit und nach dem Krebs“ mit Anna Papadopoulos von #einevonacht. Anna begleitet seit Jahren junge Erwachsene mit Krebs durch ihre beruflichen Herausforderungen – ob Wiedereinstieg, Neuorientierung oder in Bewerbungsphasen. Ihr Workshop gab Raum für konkrete Fragen, persönliche Aha-Momente und ehrliche Gespräche über den Spagat zwischen Erwartungshaltung einerseits und Leistungsvermögen andererseits, Vorurteile der Kolleg:innen und die Chance beruflich neue Wege zu gehen.
Doch auch das ehrenamtliche Engagement der Betroffenen innerhalb der TREFFPUNKTE wurde thematisiert. Gemeinsam mit Sarah Brosseder wurde gezielt an der inhaltlichen und organisatorischen Ausgestaltung der TREFFPUNKTE gearbeitet – im Fokus standen dabei Fragen wie: Wie sieht ein gelungenes Treffen aus? Wie können neue Teilnehmende eingebunden werden, wie kommuniziert man innerhalb der Gruppe, welche Erwartungen gibt es an das Ehrenamt als Gruppenorganisator:in und wie sieht eigentlich Wertschätzung aus?
Einer der beliebtesten Programmpunkte war auch in diesem Jahr das Format Meet the Doc. In kleinen Gruppen trafen die Teilnehmenden auf Expertinnen und Experten aus Hämatologie und Onkologie. Dabei ging es um Themen wie Nachsorge, der aktuelle Stand der Forschung, aber auch die Wichtigkeit von psychoonkologischer Betreuung – offen, ehrlich und auf Augenhöhe. Viele der Expertinnen und Experten sind der Stiftung seit Jahren verbunden und schätzen diesen Austausch sehr: „Der Austausch mit den Betroffenen ist für mich enorm bereichernd. Hier entsteht ein ehrlicher, direkter Dialog, der weit über das hinausgeht, was in einem klassischen Arzt-Patient:innen-Gespräch möglich ist. Es ist für mich immer wieder ein persönlicher Check-in: Was bewegt die jungen Menschen aktuell? Was brauchen sie – und wie kann ich mit meiner Erfahrung unterstützen?“, so Prof. Dr. med. Inken Hilgendorf, Kuratoriumsvorsitzende der Stiftung und stellvertretende Klinikdirektorin am Universitätsklinikum Jena.
Für das Stiftungsteam ist das Treffen mehr als ein Rückblick auf die Aktivitäten der TREFFPUNKTE – es ist ein Kompass für die Zukunft, eine Art Ideenschmiede. „Wir kommen hier nicht nur zusammen, um Wissen zu vermitteln, sondern vor allem, um zuzuhören und zu verstehen“, sagt Janine Schulze, Projektmanagerin der Stiftung. „Uns ist es wichtig, den Menschen, mit denen wir arbeiten, wirklich nah zu sein. Wir möchten unsere Ehrenamtlichen kennen – und sie sollen auch uns kennen. In diesen Begegnungen entstehen oft sehr persönliche und emotionale Gespräche über die Erkrankung. Unsere Rolle dabei ist besonders: Wir haben fachliche Erfahrung und Einblick, sind aber weder selbst betroffen noch Angehörige. Das gibt den Teilnehmenden die Möglichkeit, offen mit uns zu sprechen, ohne die Angst, uns zu überfordern oder nicht verstanden zu werden – wie es im persönlichen Umfeld manchmal der Fall ist. Was sie uns mitgeben, fließt direkt in die Weiterentwicklung unserer Angebote ein – manchmal schon am Montag nach dem Treffen.“
So entstehen neue Themen, konkrete Ideen und ganz praktische Anregungen für kommende Projekte. Ob digitales Angebot, lokale Gruppen oder medizinische Aufklärung – was zählt, ist das Feedback derer, um die es geht.
Gemeinschaft, die trägt
Neben all den Gesprächen, Workshops und Sessions bleibt vor allem eins hängen: das Gefühl, Teil von etwas zu sein.
Das nächste Jahrestreffen wird bereits geplant – 2026 feiert das Projekt tatsächlich sein 10-Jähriges Jubiläum– und eines ist schon jetzt klar: Die Community wächst. Und mit ihr die Überzeugung, dass junge Erwachsene mit Krebs mehr brauchen als gute Medizin. Sie brauchen Raum. Sie brauchen Resonanz. Und sie brauchen einander.



