Laura´s Geschichte
Meine Krebserkrankung begann nicht plötzlich, sondern war eine Entwicklung, die ich schon lange ahnte. Ich lebe seit einiger Zeit mit Polycythaemia Vera, einer Knochenmarkserkrankung, von der bekannt ist, dass sie sich in eine akute myeloische Leukämie (AML) verwandeln kann. Schon damals wurden meine Geschwister als mögliche Stammzellspender getestet – meine große Schwester kam schließlich als perfekte Spenderin infrage.
Etwa eineinhalb Jahre später bekam ich dann die Diagnose AML. Die Nachricht war ein großer Schock, auch wenn die Prognose vergleichsweise gut war. Mein Arzt gab mir Hoffnung und sagte, dass ich die Therapie gut überstehen würde. Kurz darauf begann ich die Behandlung auf Station.
Die erste Chemotherapie, die sogenannte „7 plus 1“ Chemo, war eine 24-Stunden-Infusion, die ich erstaunlich gut vertrug. Während dieser Zeit hatte ich eine Zimmernachbarin in meinem Alter, was mir sehr geholfen hat. Außerdem hatte ich jeden Tag Besuch von Familie und Freunden – das gab mir Kraft.

Nach etwa vier Wochen, als sich meine Blutwerte gebessert hatten und die Anzahl der Blasten (Vorläuferzellen der weißen Blutkörperchen) ausreichend gesunken war, wurde ich auf die Isolationsstation verlegt. Diese Zeit war eine der schwersten in meinem Leben. Die Isolationsstation ist ein komplett abgeschotteter Bereich: Es gibt eine Vorkammer, in der Besucher und Angehörige warten müssen, bevor sie hereindürfen. Man darf keinen direkten Kontakt zu anderen Patienten haben und die Hygienemaßnahmen sind extrem streng. Lebensmittel müssen speziell verpackt werden, und das Pflegepersonal trägt Schutzkittel, Handschuhe und Masken – alles, um mich vor Infektionen zu schützen, da mein Immunsystem während der Behandlung völlig zusammenbricht.
Dort bekam ich eine weitere Chemotherapie sowie vier Ganzkörperbestrahlungen. Kurz vor der Stammzelltransplantation kam meine Schwester auf Station und gab ihre Stammzellen ab – ein emotionaler und kraftvoller Moment für uns beide. Am 9. August erfolgte dann die Transplantation. Danach hieß es: Warten. Das Warten auf das Wachstum der neuen Zellen war psychisch die härteste Zeit für mich. Jeden Morgen begann der Tag mit Blutabnahme und der bangen Frage, wie hoch meine Leukozyten sind. Wenn sie über 1000 steigen würden, könnte ich die Klinik verlassen – ein so wichtiges Ziel nach so viel Kampf.
Während dieser gesamten Phase war meine Mutter jeden Tag in der Vorkammer bei mir, wartete, bis sie mich besuchen durfte, und gab mir Halt und Liebe. Neben körperlichen Nebenwirkungen blieb ich erstaunlich stabil, doch psychisch war die Zeit sehr belastend.

Heute, ein Jahr nach der Transplantation, kämpfe ich noch immer mit den Folgen: Neben der chronischen GVHD, die meine Leber und meine Mundschleimhäute betrifft, leide ich auch am Budd-Chiari-Syndrom, einer seltenen Erkrankung meiner Leber, bei der die Venen, die das Blut aus der Leber ableiten, verstopft sind.
Mein Leben heute – mit Hoffnung und Herausforderungen
Momentan habe ich noch mit weiteren Nebenwirkungen der gesamten Behandlung zu kämpfen. Trotzdem mache ich das Beste daraus und möchte anderen Mut machen, niemals aufzugeben. Ich habe mir eine Hündin angeschafft, die mich im Alltag begleitet und mir hilft, wieder in einen geregelten Rhythmus zu kommen. Sie bringt mich auf Vordermann und gibt mir Kraft und Struktur.
Arbeiten kann ich derzeit noch nicht, da ich weiterhin immungeschwächt bin und strenge Hygienemaßnahmen einhalten muss. Dazu kommt, dass ich mich leberschonend ernähren und auf vieles achten muss, um meine Gesundheit zu schützen. Zudem bin ich mehrmals wöchentlich in der Transplantationsambulanz, wo ich durch regelmäßige, strenge Kontrollen und Untersuchungen durchgecheckt werde. Das gibt mir Sicherheit, fordert mich aber auch heraus.
Psychisch gesehen ist es ein ständiger Prozess. Durch die Medikamente, die ich erhalten habe, wurde vieles erst unterdrückt, doch jetzt kommt nach und nach alles wieder hoch – Ängste, Sorgen und die Verarbeitung des Erlebten. Um damit umzugehen, meditiere ich viel und habe mir Rituale geschaffen, die mir Halt geben. Ich versuche, einen Tagesablauf aufzubauen, der mir Struktur gibt: Jeden Abend gehe ich mit meiner Hündin spazieren, gehe viel laufen und wandern. Diese kleinen Rituale helfen mir, mich zu zentrieren und Kraft zu schöpfen.
Trotz der Einschränkungen versuche ich, meinen Alltag positiv zu gestalten und jeden kleinen Fortschritt zu feiern. Mein Ziel ist es, anderen Betroffenen zu zeigen, dass es sich lohnt, durchzuhalten – auch wenn der Weg schwer ist.
Mein größter Wunsch
Meine Erkrankung hat mein Leben verändert, aber nicht meinen Lebensmut genommen. Ich möchte weiterhin offen über meinen Weg sprechen, um anderen Betroffenen Hoffnung zu geben und zu zeigen, dass man auch mit schweren Diagnosen ein erfülltes Leben führen kann. Du bist nicht allein.
