Adoption
Unfruchtbarkeit ist eine häufige Folge der Krebsbehandlung. Viele junge Menschen, die die Erkrankung bereits lange überstanden haben, hatten in der Vergangenheit aus medizinischen, technischen oder finanziellen Gründen nicht die Möglichkeit fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen wahrzunehmen. Sie denken bei Kinderwunsch daher auch über eine Adoption nach. Ausführlichere Informationen zum Ablauf einer Adoption finden sich im Familienportal des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Für eine Adoption wird auch ein Gesundheitszeugnis von den Aufnehmenden verlangt. Wie dies aussehen soll, ist nach Bundesland und Ort unterschiedlich und hängt von den Adoptionsvermittlungsstellen und von der Familienrichter:In ab, die letztlich über die Adoption gerichtlich entscheidet. Die verlangten Unterlagen reichen von einem hausärztlichen Attest bis hin zu einer amtsärztlichen Untersuchung (z. B. Cottbus oder Berlin).
Nach unseren Erfahrungen liegt im Gesundheitszeugnis ein wesentliches Hindernis für eine Adoption durch Menschen, die eine Krebserkrankung überstanden haben. Hier liegt in einigen Fällen eindeutig Diskriminierung vor.
Fragen der Adoption sind in den §§ 1747 bis 1766a des Bürgerlichen Gesetzbuchs festgelegt. Hier finden sich keinerlei gesetzliche Anforderungen an die Gesundheit der Adoptiveltern.
Die Fragen nach der Gesundheit stützten sich auf das Europäische Übereinkommen über die Adoption von Kindern in der revidierten Form von 2008 (https://rm.coe.int/16802e74d4). Dort heißt es in Artikel 10, dass die zuständigen Behörden eine Adoption nur unter bestimmten Voraussetzungen aussprechen können. Darunter müssen sie unter anderem zu den folgenden Fragen Informationen einholen:
„die Persönlichkeit, den Gesundheitszustand und das soziale Umfeld des Annehmenden, sein Familienleben und die Einrichtung seines Haushalts sowie seine Eignung zur Erziehung des Kindes“.
Hierauf basiert das Vorgehen der Adoptionsvermittlungsstellen zur Frage der Gesundheit der potenziellen Adoptiveltern. Dass hierfür eine amtsärztliche Untersuchung erforderlich ist, ist unserer Meinung nach nicht aus der Rechtslage abzuleiten.
Natürlich ist es notwendig, dass Adoptiveltern auch gesundheitlich in der Lage sein müssen, sich um das angenommene Kind angemessen und lange genug zu kümmern. Die Entscheidung über die Eignung ist entweder ein Ja oder Nein. Es darf keine Priorisierung aus dem Gesundheitszustand abgeleitet werden (= wer gesünder ist, bekommt eher ein Kind…).
Selbst wenn das Risiko einer nachfolgenden Erkrankung bei Menschen nach überstandener Krebserkrankung bei bestimmten Krebsarten oder ihren Behandlungen etwas höher sein mag, kann daraus nicht auf eine fehlende Eignung zur Adoption geschlossen werden. Auch das „normale Leben“ hat das Risiko einer tödlichen Erkrankung oder Unfalls.
Einer negativen Beurteilung der Adoptionseignung aus Gründen einer überstandenen Krebserkrankung kann man mit einer entsprechenden fachärztlichen Stellungnahme entgegentreten. Hier hilft die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs gerne.
„Nach meiner Operation und der anschließenden Chemotherapie war das mit dem Kinderkriegen gegessen. Ich habe mich also über die Möglichkeiten einer Adoption informiert und da wurde mir dann gesagt, dass ich mit meiner Krankengeschichte nicht adoptieren dürfte, da ich dem Kind keine gesicherte Zukunft bieten könnte, weil man ja nicht wüsste, ob der Krebs zurückkommen würde. Meine akute Therapiephase ist jetzt 20 Jahre her…“
Daniela, 24 Jahre*, biphasisches Synovialsarkom im rechten Oberschenkel, Arbeitnehmerin
„Als mein Mann und ich uns nach dem ersten Schock meiner Diagnose wieder gesammelt hatten und der Therapieplan in den nächsten Jahren feststand, informierten wir uns über Adoptionsmöglichkeiten. Schnell wurde bereits in den ersten Ausführungen deutlich, dass man mit solch einer Diagnose keine Chance hat. Wir sind der Idee dann nicht weiter nach gegangen, es ist einfach zu zermürbend.“
Patrizia, 32 Jahre*, Brustkrebs, Arbeitnehmerin
*Angaben zum Zeitpunkt der Diagnose
Stand: 27.2.2023