Dein gutes Recht
Das Recht auf Teilhabe für alle Menschen und die Ächtung von Diskriminierung sind tief im Rechtssystem der demokratischen Staaten verankert. Regelungen gegen Diskriminierung spielen eine herausragende Rolle in den Richtlinien und Verordnungen der Europäischen Union und sind auch in Deutschland verankert.
Wir geben hier einen Überblick über die internationalen Regelungen und die Gesetzeslage in Deutschland.
Bei aller Anerkennung der Fortschritte gibt es aber auch noch Lücken und Notwendigkeiten für Verbesserungen. Ein Überblick wird zeitnah hier gegeben.
Die UN Behindertenrechtskonvention
Das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen ist 2008 in Kraft getreten und 2009 in Deutschland ratifiziert worden {24878}. Es ist ein offizielles Dokument der Bundesrepublik Deutschland mit Rechtscharakter.
Es heißt in Artikel 1:
Zweck dieses Übereinkommens ist es, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern.
Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.
Und in Artikel 2:
Im Sinne dieses Übereinkommens … bedeutet „Diskriminierung aufgrund von Behinderung“ jede Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung aufgrund von Behinderung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass das auf die Gleichberechtigung mit anderen gegründete Anerkennen, Genießen oder Ausüben aller Menschenrechte und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, bürgerlichen oder jedem anderen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird…
Bei einer aktuell bestehenden aktiven Krebserkrankung ist das ganz eindeutig. Juristisch gesehen ist auch eine geheilte Krebserkrankung eine Behinderung und fällt unter den Schutz der UN Behindertenrechtskonvention.
Bei überstandener, geheilter Krebserkrankung ist die juristische Einordnung als Behinderung nicht ganz so einfach. Dennoch kann man auch hier im juristischen Sinne von einer langfristigen körperlichen Beeinträchtigung sprechen, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern kann. Allerdings wäre eine Klarstellung wünschenswert.
Bestimmte Veränderungen von Genen oder Erbeigenschaften können bei Krebspatient:innen und ihren Verwandten vorliegen und eine den Krebs begünstigende Ursache darstellen. Auch diese Veränderungen können im weiteren Sinne juristisch als Behinderungen gesehen werden und lösen somit den Schutz der UN Konvention aus. Aber auch hier wäre eine Klarstellung wünschenswert.
Vom juristischen Standpunkt ist es gut, dass Menschen mit geheiltem Krebs den Schutz der UN Behindertenrechtskonvention genießen.
Philosophisch gesehen ist diese Einordnung jedoch unglücklich. Die überstandene Krebserkrankung ist ein Lebensereignis. Sie kann Nachteile bringen wie ein Risiko für Folgeerkrankungen. Aber viele junge Menschen wachsen auch mit ihrer Erkrankung zu beeindruckenden Persönlichkeiten mit starkem Willen zu Einsatz und Engagement.
In gleicher Weise ist die Einordnung von Menschen mit bestimmten Veränderungen der Gene als „behindert“ unglücklich. Ohne in die Einzelheiten zu gehen – es gibt Genveränderungen wie die Sichelzellanämie, die vor bestimmten Erkrankungen schützen, in anderen Situationen jedoch auch Krankheitserscheinungen hervorrufen.
Es könnte daher die Anschauung ändern, wenn wir „Behinderung“ durch das neutrale Wort „Eigenschaft“ ersetzen.
Europäische Union
In der Europäischen Menschenrechtskonvention wird die Diskriminierung ausdrücklich verboten:
Der Genuss der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewährleisten.
Die Umsetzung der Vorgaben der Europäischen Menschenrechtskonvention zum Diskriminierungsverbot in Richtlinien und Verordnungen ist bisher allerdings noch so breit erfolgt.
EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf
Die für junge Krebspatienten bedeutsamste Richtlinie der EU ist die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf.
Es heißt in Artikel 1 der Richtlinie: „Zweck dieser Richtlinie ist die Schaffung eines allgemeinen Rahmens zur Bekämpfung der Diskriminierung wegen der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung in Beschäftigung und Beruf…“
Eine Diskriminierung oder Benachteiligung aufgrund einer aktiven oder in der Vergangenheit vorliegenden Krebserkrankung ist nach der Rahmenrichtlinie im Prinzip verboten. Allerdings ist eine Ungleichbehandlung erlaubt, wenn
- Das Merkmal der Person (die Behinderung) dem entgegensteht, eine entscheidende berufliche Anforderung zu erfüllen (Art. 4).
- Dies wird in der Richtlinie für die Beschäftigung in den Streitkräften, in der Polizei, den Haftanstalten oder Notfalldiensten besonders betont (Präambel 17 bis 19).
Die Richtlinie der EU wirkt nicht unmittelbar als Gesetz in Deutschland. Sie musste in deutsches Recht umgesetzt werden. Bei dieser Umsetzung ist dann die angeführte Einschränkung des Schutzes Behinderter (in diesem Fall Krebskranker) erlaubt.
Die Europäische Union hat eine Reihe von weiteren Richtlinien erlassen, die sich mit der Gleichstellung beschäftigen. Diese Richtlinien sind für Krebserkrankungen im engeren Sinne nicht relevant.
4 Richtlinien regeln die Gleichstellung von Männern und Frauen (79/7/EWG, 2004/113/EG, 2006/54/EG, 2010/41/EU).
Eine weitere Richtlinie beschäftigt sich mit der Gleichstellung bezüglich Rasse und ethnische Herkunft (2000/43/EG.
Zwei im Verfahrensprozess befindliche Richtlinien der EU haben eine Bedeutung für junge Erwachsene mit Krebs. Des Weiteren wäre eine Überarbeitung der Richtlinie für Wohnimmobilienkreditverträge notwendig:
Diese geplante Richtlinie ist deshalb für Krebspatienten von Bedeutung, weil sie mit dem Begriff der „Behinderung“ in ihren Schutz eingeschlossen werden und sie im Gegensatz zu den bisherigen Richtlinien breite Bereiche des Lebens umfasst (Art.3):
- den Zugang zu sozialem Schutz, soweit er Sozialversicherung einschließlich gesetzlicher Zusatzrentensysteme, Sozialhilfe, Sozialwohnungen und Gesundheitsversorgung
- den Zugang zu allgemeiner Bildung
- den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, einschließlich Wohnraum, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen
- die Richtlinie soll auch gelten für Fragen des Familienrechts, wozu auch der Familienstand und die Adoption zählen, sowie für Gesetze über reproduktive Rechte
Der Richtlinienentwurf wurde 2008 von der Kommission vorgelegt und 2009 im Europäischen Parlament verabschiedet. Seither wird der Entwurf ohne Fortschritte im Rat der Europäischen Union verhandelt. Informationen zum Stand des Verfahrens und Dokumente hier.
Die deutsche Vertretung im Europäischen Rat blockiert die Verhandlungen wegen eines „allgemeinen Vorbehalt“ (Deutscher Bundestag, Drucksache 19/6961, S. 86). Ein erfolgreicher Abschluss der Verhandlungen und die Implementierung der geplanten Richtlinie ist daher nicht absehbar.
Der Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbraucherkredite wurde am 30.6.2021 erstellt. Er beinhaltet Regularien für Verbraucherkredite bis 100.000 Euro. Der Entwurf befindet sich zur Zeit in der letzten Phase der Abstimmung zwischen Kommission, Parlament und Rat. Einzelheiten zum Verfahren finden Sie hier.
Für die Belange junger Betroffener nach Krebs ist wichtig, dass in den Verfahrensprozess erstmalig aus dem Europäischen Parlament ein Recht auf Vergessenwerden („right to be forgotten“) für 4 verschiedene Textstellen der Richtlinie gefordert wurde (siehe Tabelle zum „Trilog“ Recital 47, page 46; Article 3, first paragraph, point (25a), page 107; Article 14(4), page 169; Article 18(3b) page 186). Krebspatient:innen mit Diagnose unter 18 Jahren sollten 5 Jahre und alle anderen Betroffenen 10 nach der Behandlung nicht mehr bei der Kreditvergabe benachteiligt werden dürfen.
Nach einer Pressemeldung scheint diese Forderung zumindest für den Abschluss von Versicherungen zur Absicherung von Verbraucherkrediten realisiert zu werden.
Allerdings ist in dem Entwurf für das Abstimmungspapier von Rat, Kommission und Parlament eine weitere Aufweichung der ursprünglichen Forderungen aus dem EU-Parlament enthalten. Nach unseren Informationen aus Brüssel lautet die abgestimmte Formulierung für den Artikel 14 der Richtlinie in diesem Papier:
„Article 14: Member States may allow creditors to require the consumer to hold a relevant insurance policy related to the credit agreement, taking into account proportionality considerations. In such cases, Member States shall ensure that the creditor is required to accept the insurance policy from a supplier different to his or her preferred supplier where such insurance policy has a level of a guarantee equivalent to the one the creditor has proposed, without modifying the condition of the credit offered to the consumer, Member States shall require that personal data of consumers’ diagnoses of oncological diseases are not used for the purpose of an insurance policy related to a credit agreement after a relevant period of time following the end of their treatment determined in accordance with the second subparagraph. Such period of time determined by the Member States may not exceed a period of 15 years counting from the end of the medical treatment of the consumer.“
Nach dieser Regelung hätten geheilte Krebspatienten spätestens 15 Jahre nach Ende ihrer Therapie einen Anspruch auf das „Recht auf Vergessenwerden“. Sie dürften beim Abschluss von Versicherungen zur Absicherung von Verbraucherkrediten bis 100.000 € nicht mehr benachteiligt werden.
Bei allen Einschränkungen wäre dies ein kleiner Durchbruch. Es wäre das erste Mal, dass das „Recht auf Vergessenwerden“ für Betroffene nach Krebs Einzug in eine EU-Richtlinie hält. Es bleibt abzuwarten, ob es bei dieser Festlegung bleibt.
Eine Anpassung der Richtlinie 2014/17/ЕU des Europäischen Parlaments und des Rates wäre für junge Menschen nach überstandener Krebserkrankung von noch größerer Bedeutung als die im Verfahren befindliche Richtlinie über Verbraucherkredite.
Der Grund liegt auf der Hand: Bei den Krediten für Wohnimmobilien geht es um erheblich größere Summen als bei den Verbraucherkrediten und hier ist die Forderung der Banken nach einer Absicherung des Kredites mit einer Risikolebensversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung oder Kreditausfallversicherung weit verbreitet, was zu den bekannten Problemen für Überlebende nach Krebs führt.
Die Richtlinie 2014/17/ЕU ist 2018 zum letzten Mal angepasst worden und ist 2020/2021 evaluiert worden. Sollte es in der nächsten Zeit zu einer Überarbeitung der Richtlinie kommen, wäre die Einführung eines „Rechts auf Vergessenwerden“ nach dem Muster der für die Richtlinie zu den Verbraucherkrediten sehr wünschenswert.
Recht-auf-Vergessenwerden
European Cancer Patient Coalition, Webseite „Right to be forgotten” (https://ecpc.org/policy/the-right-to-be-forgotten/)
Youth Cancer Europe (https://www.youthcancereurope.org/yce-hosts-eu-parliament-event-to-end-financial-discrimination-against-cancer-survivors/)
European Cancer Organisation (https://www.europeancancer.org/resources/169:right-to-be-forgotten-netherlands.html) – eine Dachorganisation verschiedener Fachgesellschaft und Organisationen im Bereich Krebs.
Webseite „Ending discrimination against cancer patients“ (https://endingdiscrimination-cancersurvivors.eu/).
Zusammenfassung zu den Regelungen in der Europäischen Union
Insgesamt ist mit der Europäischen Menschenrechtskonvention ein umfassender grundlegender Schutz vor Diskriminierung und Benachteiligung gegeben.
Es mangelt jedoch noch an der umfassenden Ausgestaltung dieses Schutzes durch Richtlinien der EU für Betroffene mit und nach Krebserkrankung sowie für Menschen mit bestimmten genetischen Eigenschaften im Zusammenhang mit der Entstehung von Krebs.
Deutschland
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz(AGG)
Das 2006 in Kraft getretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ist in Deutschland die zentrale Rechtsgrundlage gegen Diskriminierung: „Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen“ (§ 1 AGG).
Der Schutz des Gesetzes erstreckt sich vereinfacht auf die folgenden Bereiche:
- Beruf, Anstellung und Arbeitsbedingungen (§ 2)
- Berufsberatung, Ausbildung, Weiterbildung, Umschulung (§ 2)
- Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigungen (§ 2)
- soziale Sicherheit, soziale Vergünstigungen und Gesundheitsdienste (§ 2)
- Bildung (§ 2)
- Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum (§ 2)
- zivilrechtliche Schuldverhältnisse (§ 19)
- privatrechtliche Versicherungen (§ 19)
Wichtig für das Verständnis und die Wirksamkeit eines Gesetzes ist die Definition der gebrauchten Begriffe im Gesetz.
Für den Begriff der Behinderung findet sich im AGG selbst keine Definition. Der Begriff wird jedoch in § 2 Abs. 1 SGB IX definiert:
„Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht.“
Wichtig für junge Krebspatient:innen ist, dass auch eine überstandene Krebserkrankung oder eine genetische Eigenschaft, die die Entstehung einer Krebserkrankung begünstigt als Abweichung von dem für das Lebensalter typischen Zustand gewertet werden kann. Aber auch hier gilt: eine gesetzliche Klarstellung wäre wünschenswert.
Was sind Güter und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen?
Hier gibt es gute Hinweise in einem Merkblatt der Industrie- und Handelskammer Nürnberg zum AGG im Zivilrecht:
„Mietverträge und Finanzdienstleistungen, also auch Kredit- und Versicherungsverträge, Leasingverträge etc. Güter und Dienstleistungen werden praktisch dann der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt, wenn ein Angebot zum Vertragsschluss durch Anzeigen in Tageszeitungen, Schaufensterauslagen, Veröffentlichungen im Internet oder auf vergleichbare Weise öffentlich gemacht wird.“
Der Zugang zu diesen Gütern und Dienstleistungen darf nicht durch Diskriminierung verwehrt werden.
In den §§ 8-10 sind zulässige Gründe für eine Ungleichbehandlung in Bezug auf die in § 2 aufgeführten Bereiche genannt:
- Wenn die Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung dies erfordert
- Kirchliche Arbeitgeber
- Bedingungen für zulässige Ungleichbehandlung durch Altersbegrenzungen
Bei den zivilrechtlichen Schuldverhältnissen und privatrechtlichen Versicherungen sind Ungleichbehandlungen nach §§ 19 und 20 zulässig:
- Bei der Vermietung von Wohnraum ist eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse
- familien- und erbrechtliche Schuldverhältnisse sind ausgenommen vom Verbot der Ungleichbehandlung
- Bei privatrechtlichen Versicherungen ist eine unterschiedliche Behandlung zulässig, wenn diese auf anerkannten Prinzipien risikoadäquater Kalkulation beruht, insbesondere auf einer versicherungsmathematisch ermittelten Risikobewertung unter Heranziehung statistischer Erhebungen (§ 20 Abs (2)).
Die erlaubte Ungleichbehandlung bei der Vergabe von Versicherungen hat für Krebspatienten, insbesondere nach der Heilung eine große Bedeutung. Einzelheiten werden auf der entsprechenden Seite diskutiert.
Erbeigenschaften und Gendiagnostikgesetz
Bestimmte genetische Eigenschaften, die die Entstehung von Krebs begünstigen wie z.B. BRCA-1 und BRCA-2 Mutationen haben eine hohe Relevanz für die Notwendigkeit von Gesundheitsleistungen und damit für die z.B. für die privaten Krankenkassen. Auch für Risikolebensversicherungen können sie aufgrund eines erhöhten Risikos für Krankheit und Tod bedeutsam sein. Näheres wird auf der Seite zu Versicherungen diskutiert.
Grundsätzlich verbietet das Gendiagnostikgesetz eine Benachteiligung aufgrund von genetischen Eigenschaften. Leider gibt es aber wichtige Ausnahmen für Betroffene mit und nach Krebs und ihre leiblichen Verwandten.
Im AGG sind genetische Eigenschaften (Erbeigenschaften) nicht ausdrücklich im Zusammenhang mit einem Schutz vor Diskriminierung genannt. Im weiteren Sinne kann man sie allerdings unter „Behinderungen“ einschließen.
Darüber hinaus enthält das Gendiagnostikgesetz in § 4 ein Benachteiligungsverbot:
„Niemand darf wegen seiner oder der genetischen Eigenschaften einer genetisch verwandten Person, wegen der Vornahme oder Nichtvornahme einer genetischen Untersuchung oder Analyse bei sich oder einer genetisch verwandten Person oder wegen des Ergebnisses einer solchen Untersuchung oder Analyse benachteiligt werden.“
Im Falle von Versicherungen sieht § 18 Abs. (1) des Gendiagnostikgesetzes spezielle Regelungen vor:
„Der Versicherer darf von Versicherten weder vor noch nach Abschluss des Versicherungsvertrages
- die Vornahme genetischer Untersuchungen oder Analysen verlangen oder
- die Mitteilung von Ergebnissen oder Daten aus bereits vorgenommenen genetischen Untersuchungen oder Analysen verlangen oder solche Ergebnisse oder Daten entgegennehmen oder verwenden.
Für die Lebensversicherung, die Berufsunfähigkeitsversicherung, die Erwerbsunfähigkeitsversicherung und die Pflegerentenversicherung gilt Satz 1 Nr. 2 nicht, wenn eine Leistung von mehr als 300 000 Euro oder mehr als 30 000 Euro Jahresrente vereinbart wird.“
Die Einschränkung des Schutzes vor Ungleichbehandlung durch den letzten aufgeführten Absatz hat es in sich. Näheres ist auf der Seite „Versicherungen“ aufgeführt Eine gute und aktuelle Information hat zu dieser Frage hat der Krebsinformationsdienst veröffentlicht.
Stand: 26.2.2023