Krebs und Kinderwunsch – politische Kampagne
Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs kämpft seit Jahren für die Kostenübernahme fruchtbarkeitserhaltender Maßnahmen bei jungen Krebspatient:innen durch die gesetzlichen Krankenkassen.
Wir haben eine Vorlage für den Gesetzestext erarbeitet, Stellungnahmen geschrieben, viele Gespräche mit Bundestagsabgeordneten und mit dem Bundesgesundheitsminister geführt, eine umfangreiche Presse- und Öffentlichkeitsarbeit geleistet und gemeinsam mit unserer Stifterin, der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und medizinische Onkologie e. V., den 11. Band der Gesundheitspolitischen Schriftenreihe „Vom Krebs geheilt, aber nicht gesund. Keine Hoffnung auf eigene Kinder“ (2017) veröffentlicht. Besonders danken wir den jungen Krebspatient:innen für ihr Engagement und Mitarbeit. Nur dadurch wurde die Änderung des §27a im Sozialgesetzbuch V (SGB V) erreicht, der die Kassen zur Kostenübernahme fruchtbarkeitserhaltender Maßnahmen verpflichtet.
Dies gilt für bis zu 11.000 Mädchen und Frauen bis zur Vollendung des 40. Lebensjahres und für bis zu 22.000 Jungen und Männer bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres, wenn ihre Fruchtbarkeit durch eine Chemo-, Strahlen- oder andere Therapie in Gefahr ist.
Mit dem 1. Juli 2021 ist diese Regelung wirksam geworden. Die nach dem Gesetz vorgesehene Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) ist mittlerweile in Kraft getreten ist und auch die entsprechenden Abrechnungsziffern festgelegt worden.
Aber es gibt noch Lücken.
Bestürzend ist, dass die Kosten für die teuren Medikamente zur Eierstock-Stimulation für eine Eizellkonservierung auf Grundlage dieser Richtlinie für Mädchen unter 18 Jahre nicht übernommen werden. Das Argument von Kassen und Kassenärztlicher Vereinigung: Diese Arzneimittel seien dafür nicht ausdrücklich zugelassen. Es kommt zu der absurden Situation, dass ein Mädchen einen Tag vor dem 18. Geburtstag in Gefahr ist, privat Kosten in Höhe von etwa 1.500 Euro zahlen zu müssen, am Tag des 18. Geburtstag jedoch nicht mehr.
Belastende Auseinandersetzungen haben Patientinnen, die Eierstockgewebe konservieren lassen wollen. Viele gesetzliche Krankenkassen verweigern die Finanzierung trotz eines vorliegenden Urteils des Bundessozialgerichts. Die Hintergründe sind hier näher dargestellt.
Privat versichert oder über andere Träger?
In Deutschland ist etwa jeder Siebte privat oder über andere Träger versichert. Auch für diese jungen Menschen sollten die Kosten für die Fruchtbarkeitserhaltung von den Trägern übernommen werden:
Wir fordern die privaten Krankenkassen und weitere Träger auf, sich anzuschließen. Die Landesregierungen (außer Rheinland-Pfalz) und die Bundesregierung sollten die Beihilferegelungen entsprechend anpassen.
Wir empfehlen, einen Antrag auf Kostenübernahme für die fruchtbarkeitserhaltenden Maßnahmen zu stellen. Konkrete Hilfen für die Anträge auf Kryokonservierung bei Frauen und Männern haben wir auf unseren Seiten bereitgestellt. Im Falle einer Ablehnung sollte man nachhaken und Widerspruch einlegen.
Kosten
Die Kosten für die Entnahme und das Einfrieren von Eizellen bei der Frau liegen zwischen 3.500 und 4.300 Euro und für das Einfrieren von Spermien beim Mann um die 500 Euro. Die Kosten für Entnahme und Einfrieren von Eierstockgewebe für Frauen liegen bis etwa 2.300 Euro. Dazu kommen jährliche Kosten für die Lagerung von ca. 300 Euro.
Hintergrund
Die Heilungsrate bei jungen Erwachsenen mit Krebs im Alter von 18 bis 39 Jahren liegt heute bei über 80 Prozent. Infolge der teilweise sehr intensiven Therapien – bspw. in Form von chemo- und/oder strahlentherapeutischen Interventionen – kann es allerdings zu einer Schädigung von Keimgewebe (Eierstöcke/Hoden) und Keimzellen (Eizellen, Spermien) und damit zu einem Verlust der Fruchtbarkeit kommen. Nähere Informationen zum Fruchtbarkeitsverlust bei Frauen und Männnern stehen auf unseren Seiten zur Verfügung.
Die jungen Patient:innen erleben die Diagnose nicht selten als katastrophalen Zusammenbruch ihrer bisherigen Lebensperspektiven. Darüber hinaus trifft die Erkrankung Menschen, die sich mit den Fragen von Familie und Kindern oft noch nicht auseinandergesetzt haben. Fruchtbarkeitserhaltende Maßnahmen können vielen Krebspatient:innen in ihrem späteren Leben ermöglichen, eigene Kinder zu bekommen.
Medizinisch etabliert
Es existieren medizinisch gut etablierte Methoden zum Fruchtbarkeitserhalt, so durch das Einfrieren von Eizellen, Eierstockgewebe und Spermien. Die Methoden zur Fruchtbarkeitserhaltung bei Frauen und Männern werden auf unseren Seiten näher erklärt. Aus medizinischen Gründen müssen die Maßnahmen für die Fruchtbarkeitserhaltung vor Beginn der Therapie durchgeführt werden. Daher ist der Zeitdruck massiv.
Publikation von DGHO e. V. und Stiftung
Der 11. Band der Gesundheitspolitischen Schriftenreihe der DGHO „Vom Krebs geheilt, aber nicht gesund. Keine Hoffnung auf eigene Kinder.“ ist hier herunterzuladen.
Darüber hinaus kann der Band über das Bestellformular auf der Website der DGHO kostenlos geordert werden.
Nützliche Links zum Thema "Krebs und Kinderwunsch"
Im Folgenden finden Sie Links zu Fachgesellschaften, Organisationen und Institutionen, die über den Themenkomplex „Krebs und Kinderwunsch“ informieren.
- Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe
- Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie
- Deutsche Gesellschaft für Senologie
- Deutsche Gesellschaft für Urologie
- Deutsches Krebsforschungszentrum – Krebsinformationsdienst
- Deutsche Krebsgesellschaft
- FertiPROTEKT – Netzwerk für fertilitätsprotektive Maßnahmen
- Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie