Übersicht: Finanzielle Sicherung – wer ist wann zuständig?
Reguläre Finanzierung während des Studiums und die Folgen einer Krebserkrankung
Unterhalt
Die Eltern sind – als Verwandte in gerader Linie – (§ 1601 BGB) grundsätzlich verpflichtet, ihren volljährigen Kindern während einer Ausbildung, also auch während eines Studiums, Unterhalt zu zahlen. Eine Übersicht gibt das Deutsche Studentenwerk.
Die Unterhaltspflicht besteht bei Krankheit im vollen Maße fort. Dies ändert sich erst bei Eintritt einer Behinderung mit Erwerbsunfähigkeit: Übersicht beim Portal für psychosoziale und sozialrechtliche Informationen im Gesundheitswesen – Betanet.
BAföG
Haben die Eltern oder Lebenspartner Einkommen unter bestimmten Grenzen und sind weitere Voraussetzungen gegeben, besteht Anspruch auf BAföG während des Studiums: Übersicht beim Deutschen Studentenwerk.
Wer sein Studium länger als drei Monate wegen Krankheit unterbrechen muss, bekommt bis zum Wiedereinstieg ins Studium kein BAföG. Dauert die Studienunterbrechung länger als drei Monate, müssen die Studierenden das BAföG-Amt darüber informieren. Die Zahlungen werden dann ab dem vierten Monat bis zur Wiederaufnahme des Studiums eingestellt. Andernfalls kann es zu Rückforderungen von BAföG-Leistungen kommen.
Einkommen aus Jobs
Wer sein Studium über Jobs finanziert, kann je nach Beschäftigungsverhältnis noch für eine Zeit hieraus Leistungen erhalten (Entgeltfortzahlung, ggbf. Krankengeld, siehe unsere Info-Seite).
Leistungsträger für den Lebensunterhalt, wenn Eltern oder Partner nicht zahlen können und der Job ruht.
Bis drei Monate: Anspruch auf BAföG-Zahlung bei entsprechender Förderung
Länger als drei Monate, kürzer als sechs Monate: Arbeitslosengeld II (ALG II, Hartz IV) (statt BAföG, ob Beurlaubung vom Studium oder nicht ist unerheblich).
Absehbare Krankheitsdauer/Arbeitsunfähigkeit länger als drei Monate: Bezug von ALG II (nach SGB II; Beurlaubung vom Studium ist ratsam)
ab sechs Monate: Sozialhilfe
- mehr als sechs Monate, voraussichtlich nicht dauerhaft krank/arbeitsunfähig: Hilfe zum Lebensunterhalt (3. Kapitel SGB XII)
- dauerhafte Erwerbsunfähigkeit: Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (4. Kapitel SGB XII)
Eine volle Erwerbsminderung aus medizinischen Gründen liegt vor, wenn das Leistungsvermögen wegen Krankheit oder Behinderung erheblich vermindert ist. Diese Minderung muss so erheblich sein, dass die Person auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Dauerhaft ist eine volle Erwerbsminderung dann, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Erwerbsminderung behoben werden kann. Quelle: BMAS
Es ist nicht einfach, sich im Dschungel der verschiedenen Sozialträger zurecht zu finden und alle Fristen und Voraussetzungen im Blick zu behalten. Man befindet sich durch die Krankheit ja in einer Ausnahmesituation. Dazu kommt noch ein erheblicher bürokratischer Aufwand, der leider nicht nach der Antragstellung halt macht, sondern auch darüber hinaus viel Zeit und Energie in Anspruch nimmt. Man muss viele Termine beim Jobcenter wahrnehmen und es werden laufend neue Unterlagen gefordert.
In der starren Bürokratie des Jobcenters war ich eine Art Sonderfall, da ich einerseits als „erwerbsfähig“ galt und damit Termine beispielsweise in der Abteilung Jobvermittlung vorgesehen waren, obwohl ich andererseits krank war und damit feststand, dass ich nicht arbeiten gehen konnte. Trotzdem habe ich diese Termine wahrnehmen müssen, und dort nochmal die Lage schildern müssen, um von der Arbeitsvermittlung freigestellt zu werden.
Luisa, 25 Jahre*, Studentin, Hodgkin Lymphom
Tipp: Eine Krankschreibung kann vor sinnlosen Terminen beim Jobcenter schützen, siehe Infoseite zu Transferleistungen.
Nach meinen persönlichen Erfahrungen würde ich nach einer Krebsdiagnose im Studium das folgende Vorgehen empfehlen.
Erst einmal ist es sinnvoll, ein Urlaubssemester zu beantragen. Hier sollte man sich frühzeitig bei der eigenen Hochschule über die Fristen informieren. Dann kann ein Antrag auf ALG II beim Jobcenter gestellt werden. Dies ist grundsätzlich auch ohne Urlaubssemester möglich, wenn das Studium länger als 3 Monate unterbrochen wird. Ich habe allerdings beim Jobcenter sehr gute Erfahrungen mit meinem Urlaubssemester gemacht, da von Anfang an feststand, dass ich auf jeden Fall mindestens ein Semester aussetzen werde.
Hier ist zu beachten, dass die Antragstellung viel Zeit und Kraft in Anspruch nimmt, was während der Therapie sehr nervenaufreibend und damit nicht zu unterschätzen ist. Hilfe aus dem engeren Umfeld ist auf jeden Fall ratsam, wenn es möglich ist. Während der akuten Behandlung kann dann erstmal 6 Monate ALG II bezogen werden. Dies ist grundsätzlich auch ohne Urlaubssemester möglich.
Luisa, 25 Jahre*, Studentin, Hodgkin Lymphom
Achtung: Eine Beratung ist notwendig, denn es kommt auch sehr auf den Einzelfall an.
Falls die akute Behandlung voraussichtlich ca. ein halbes Jahr dauern wird, kann es ratsam sein, danach das Studium wieder in Teilzeit aufzunehmen und einen Weiterbewilligungsantrag des ALG II beim Jobcenter zu stellen. Hierzu habe ich leider noch keine Erfahrungen und kann keine Aussage zum Erfolg der Antragstellung machen. Doch einen Versuch ist es wert und es hat gute Chancen, wenn man dem Jobcenter gegenüber klar stellt, dass man nur für eine begrenzte Zeit, beispielsweise ein Semester in Teilzeit studiert. Wichtig ist vielleicht auch die Begründung, dass nach der Therapie eine langsame Wiedereingliederung in das Studium notwendig ist, bevor das Studium in Vollzeit wieder aufgenommen werden kann. Dazu wurde mir in einer Sozialberatung geraten. Weitere Informationen finden sich im Handbuch Studium und Behinderung, Kapitel 7, S. 130 f.
Ist es nicht möglich, das Studium nach einem halben Jahr wieder aufzunehmen, bleibt nur noch die Möglichkeit Sozialhilfe zu beantragen.
Luisa, 25 Jahre*, Studentin, Hodgkin Lymphom