Widerspruch gegen Ablehnung durch gesetzliche Krankenkassen
Betroffene können sich durch gesetzliches Recht gegen einen Ablehnungsbescheid (siehe „Recht auf schriftlichen Bescheid“) wehren. Das Widerspruchsverfahren ist für die Betroffenen kostenlos.
Dafür sieht das Sozialgerichtsgesetz zwei Stufen vor:
- Erste Stufe ist das Widerspruchsverfahren
- Zweite Stufe ist die Klage vor dem Sozialgericht.
Achtung: Hat man Widerspruch erhoben, muss man nicht zwangsläufig in der Folge klagen. Hierzu oder dagegen kann man sich später immer noch entscheiden!
Wir behandeln auf dieser Seite das Widerspruchsverfahren.
Widerspruch einlegen – Wie?
- Widerspruch muss schriftlich bei der Krankenkasse eingelegt werden.
- Widerspruch kann auch „zur Niederschrift“ gegeben werden (auf der Geschäftsstelle der Kasse schreiben lassen; Achtung: Kopie geben lassen, abheften oder Handy-Foto, sicher abspeichern).
- Für den Widerspruch ist keine Form vorgeschrieben.
- Eine Begründung ist sinnvoll, jedoch nicht zwingend erforderlich.
- Begründung kann auch nachgereicht werden.
- Um einen Nachweis zu haben:
Versendung als Einschreiben oder Fax.
Kopie machen/geben lassen und abheften oder Handy-Foto, abspeichern, sichern
Widerspruch einlegen – Fristen
Widerspruch muss innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Ablehnungsbescheids eingelegt werden.
Anders als diese Formulierung es glauben lässt, gibt es eine feste Definition für die Monats-Frist. Sie ist nicht einfach zu verstehen.
Mit dem Ende der Frist muss der Widerspruch den Adressaten erreicht haben. Wird es knapp, kann das nur per Fax sichergestellt werden.
Tipp: Achtung – günstig! Enthält ein Ablehnungsbescheid keine Rechtsbehelfsbelehrung, verlängert sich die Frist für einen Widerspruch auf ein Jahr.
In bestimmten Situationen, z. B. bei Veränderungen von Gesetzen und Vorschriften, kann es sinnvoll sein, nicht gleich Widerspruch einzulegen, sondern erst, wenn die Veränderung eingetreten ist.
Definition der Frist: "innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe"
- Ein Bescheid gilt am dritten Tag nach der „Aufgabe“ (Datum des Bescheids), als bekanntgegeben. Beispiel: Datum des Bescheids = 15.2.; bekanntgegeben damit am 18.2. 24:00 Uhr.
- Die Frist von einem Monat beginnt in dem Beispiel am 19.2. 0:00 Uhr und endet am 18.3. um 24:00 Uhr. Die Länge des jeweiligen Monats spielt keine Rolle.
- Endet die errechnete Monatsfrist auf einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen (bundeseinheitlichen) Feiertag, so verschiebt sich das Fristende auf den darauffolgenden Werktag.
- Bei regionalen Feiertagen verschiebt sich das Fristende nur, wenn in dem Bundesland, in dem sich der Hauptsitz der Behörde befindet, ein regionaler Feiertag ist.
- Besonderheit bei Monatsfristen: Fehlt bei einer Monatsfrist in diesem Monat der letzte Tag oder fehlen die letzten Tage, so endet die Frist am letzten Tag des Monats um 24:00 Uhr (§ 188 Abs. 3 BGB).
Allgemeine Formulierungshilfe für einen Widerspruch
(Absender: Name, Adresse)
(an die xxKasse, Adresse)
Betriff: Mein Antrag (xxx) vom (xxx)
Ihre Ablehnung vom (xxx)
Widerspruch
Sehr geehrte Damen und Herren!
Hiermit lege ich Widerspruch gegen Ihre o.g. Ablehnung ein.
(Begründung ist nicht zwingend notwendig)
(Ich begründe meinen Widerspruch wie folgt: xxx)
(Zur Begründung reiche ich die folgenden Unterlagen ein, z. B. Bescheinigung durch Arzt)
(Eine Begründung reiche ich nach)
Mit freundlichen Grüßen
(Ort, Datum)
(Unterschrift mit Vor- und Nachnamen)
Rechtsgrundlagen
Die Rechtsgrundlagen des Widerspruchsverfahrens finden sich im Sozialgerichtsgesetz (§§ 77 – 86b SGG) und im SGB X (§§ 62, 63 SGB X).
Die Widerspruchsausschüsse der Krankenkassen treffen abschließende Einzelfallenscheidungen über eingereichte Widersprüche der Versicherten (§ 85 Sozialgerichtsgesetz (SGG))
Die Bildung der Widerspruchsausschüsse ist in den Satzungen der Krankenkassen geregelt.
Widerspruch – Ablauf bei der Krankenkasse
Der bei der Krankenkasse eingehende Widerspruch wird in der Regel noch einmal von der erstmalig mit dem Antrag befassten Stelle bei der Kasse intern geprüft. Entscheidet sich die Kasse zur Bewilligung der Leistung, gibt es einen sogenannten Abhilfebescheid.
Wird der Widerspruch für nicht begründet gehalten, werden die Unterlagen an den sogenannten Widerspruchsauschuss weitergeleitet. Dies ist nach dem Gesetz zwingend. Eine nochmalige Bestätigung durch den Betroffenen ist nicht erforderlich.
Die Widerspruchsausschüsse treffen abschließende Entscheidungen über eingereichte Widersprüche der Versicherten und erstellen einen Widerspruchsbescheid an den Betroffenen.
Missverständnisse und miese Tricks
Ablehnungsschreiben nicht vom Widerspruchsausschuss
Betroffene haben uns Ablehnungsschreiben zu ihrem Widerspruch zugeleitet, die nicht vom Widerspruchsausschuss stammten, sondern vom Service Center o. ä. Schlecht ist, dass manchmal der notwendige Hinweis fehlt, dass der Widerspruch wie gesetzlich vorgegeben an den Widerspruchsausschuss weitergeleitet wird.
Dabei handelt es sich NICHT um den endgültigen Widerspruchsbescheid. Das kann man als Laie aber kaum erkennen – man sollte sich Rat holen. Die Angelegenheit ist weiter offen.
Die Kasse bedrängt am Telefon
Betroffene wurden nach Einreichen des Widerspruchs mit Telefonaten gedrängt, den Widerspruch zurückzuziehen.
Sinngemäß wird erklärt, dass der Widerspruch keine Chance hat und dann wird gefragt, ob man ihn nicht zurückziehen will.
Gelegentlich wird betont, dass man damit keinen Nachteil hätte, was von einigen Betroffenen indirekt als Drohung verstanden wird.
In einigen Telefonaten und Gesprächen wurde gesagt, dass „nach dem Widerspruch das Gericht kommt“. Hier braucht man keine Angst zu haben. Zum Sozialgericht würde es nur gehen, wenn der/die BETROFFENE es will!
Wir raten, auf solche Anrufe nicht einzugehen und mit der Bemerkung aufzulegen: „Ich bin jetzt nicht zu einem Telefonat in der Lage. Schicken Sie mir einen Brief“.
Die Kasse bedrängt schriftlich
Mehrere Betroffene haben das untenstehende ungeheuerliche Schreiben auf ihren Widerspruch erhalten.
Sie werden zur Rücknahme gedrängt. Perfide ist die indirekte Drohung mit Nachteilen und die „Information“ zum Gericht. Die Betroffenen bekommen den Eindruck, sie könnten verklagt werden. Das ist nicht der Fall! Nur, wenn der Betroffene es will, kann er gegen einen Ablehnungbescheid der Krankenkasse klagen – die Kasse kann den Betroffenen nicht verklagen! Perfide ist auch die „behördliche Aufmachung“ des Formulars. Wollen die Betroffenen den Widerspruch aufrechterhalten, sollen sie die „Aufklärung“ auch noch quittieren.
Achtung: ein solches Schreiben NICHT beantworten, siehe nächster Punkt.
Muss man die Aufrechterhaltung eines Widerspruchs bestätigen?
Nein, das ist nicht notwendig. Ist ein Widerspruch erhoben, gilt er ohne weitere Bestätigung, wenn er nicht AKTIV zurückgezogen wird. Entsprechende Anfragen müssen nicht beantwortet werden!
Bedrängende Anrufe oder Briefe und missverständliche Mitteilungen zum Widerspruch verstoßen gegen das Gesetz – was man dagegen tun kann.
Wenn man die Kraft dafür hat, ist es sinnvoll, etwas gegen die illegalen Praktiken zu unternehmen, damit andere Betroffene künftig vielleicht geschützt werden.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung hat sich bereits mehrfach mit rechtswidrigen Verfahrensweisen der Krankenkassen in diesem Zusammenhang befasst, zum letzten Mal am 24.8.2020.
Das Bundesamt für Soziale Sicherung ist die Aufsichtsbehörde für die Krankenkassen. Bei unfairen Praktiken der Krankenkassen im Widerspruchsverfahren kann man sich hier beschweren. Sinnvollerweise wird man eine Beschwerde am Ende des Verfahrens machen.
In der Folge eine Vorlage:
(eigener Vorname, Nachname
Adresse)
An das
Bundesamt für Soziale Sicherung
Friedrich-Ebert-Allee 38
53113 Bonn
(Datum)
Betrifft: Beschwerde: Irreführende Information zu Widerspruchsverfahren durch die xxx-Krankenkasse.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Im Rahmen eines Widerspruchsverfahrens bin ich von der xxx Krankenkasse schriftlich/mündlich in der folgenden Weise bedrängt worden:
Xxxx
Xxx Ich lege eine Kopie des entsprechenden Schreibens bei xxx
Ich bitte Sie, der Angelegenheit nachzugehen, damit andere Betroffene künftig geschützt werden.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift mit Vor- und Nachname)
Widerspruchsbescheid
Wird die Leistung vom Widerspruchsausschuss vollständig bewilligt, erhalten die Versicherten einen stattgebenden Widerspruchsbescheid.
Lehnt auch der Widerspruchsausschuss den Antrag vollständig oder teilweise ab, ergeht ein ablehnender Widerspruchsbescheid an die Versicherten.
Am Ende des Widerspruchsbescheids muss wieder eine Rechtsbehelfsbelehrung stehen. Sie besagt, dass der Betroffene das Recht hat, innerhalb von einem Monat nach Zugang der Entscheidung Klage vor dem Sozialgericht zu erheben.
Das Recht zu haben, bedeutet aber nicht, dass man klagen muss. Man kann sich völlig ohne Nachteile so oder so entscheiden.
Wie sieht die Rechtsbehelfsbelehrung am Widerspruchsbescheid aus?
Beispiel 1:
Rechtsbehelfsbelehrung:
Diesen Widerspruchsbescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe mit der Klage beim Sozialgericht (Adresse) anfechten. Die Klageschrift soll dem Sozialgericht nach Möglichkeit in doppelter Ausfertigung eingereicht werden Sie können auch eine Niederschrift durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Sozialgerichts anfertigen lassen Die Klageschrift soll die Beteiligten und den Streitgegenstand bezeichnen und einen bestimmten Antrag enthalten; sie soll auf diesen Bescheid hinweisen, die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben und von dem Kläger/der Klägerin oder einer zu seiner/ ihrer Vertretung befugten Person mit Orts – und Tagesangabe unterzeichnet sein.
Beispiel 2:
Ihre Rechte
Dieser Bescheid wird bindend, wenn nicht innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Sozialgericht (Adresse) Klage erhoben wird. Die Klage ist schriftlich bei dem genannten Sozialgericht einzureichen oder zur Niederschrift durch den Urkundsbeamten bei der Geschäftsstelle des Sozialgerichts zu erheben.
Die Klage muss den Kläger, den Beklagten und den Gegenstand des Klagebegehrens bezeichnen. Die Klage soll einen bestimmten Antrag enthalten und von dem Kläger oder einer zu seiner Vertretung befugten Person mit Orts- und Tagesangabe unterzeichnet sein. Die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel sollen angegeben, die angefochtene Verfügung und der Widerspruchsbescheid sollen in Urschrift oder in Abschrift beigefügt werden.
Schlussbemerkung: Diese Informationen sind nach bestem Wissen zusammengestellt, können jedoch eine Rechtsberatung nicht ersetzen. Insbesondere können spezielle Einzelfälle nicht angemessen berücksichtigt sein.