Ein langer Weg der Diagnostik – Max‘ Geschichte

24. September 2022 – Gastbeitrag

Ein Gastbeitrag von Max

Rückblickend ist alles so surreal. Es gab eindeutige Symptome, sogar einzigartige Symptome; die Diagnostik dauerte länger als die eigentliche Therapie meines Hodgkin-Lymphoms, während welcher es mir auch überraschend gut ging. Letzteres treibt mich bis heute an Mut zu machen, Kraft zu geben und immer zum Austausch bereit zu sein. Doch spulen wir gut 2,5 Jahre zurück, zum März 2020:

Ich befand mich im letzten Studienjahr des Bachelors, auf das ich mich riesig freute, denn es sollte viel Praxis geben – erst Praxissemester, dann Bachelorarbeit in einem Unternehmen. Voraus gingen zusätzlich knapp ein Jahr Auslandsstudium in Shanghai (China) – und all das mit 20 – genauso surreal wie das, was folgte.

Ende März 2020, zu Beginn der Corona-Pandemie, eine Erkältung zu haben war nicht toll, denn kein Arzt wollte mich in die Praxis lassen. Wie üblich ging diese Erkältung auch weg, doch ein zufällig ertasteter, geschwollener, erbsengroßer Lymphknoten hinter dem Schlüsselbein blieb – eine für mich ziemlich ungewohnte Stelle. Meine Blutwerte waren auch alles andere als normal, doch könne das eine Nachwirkung der Erkältung sein. Vier Wochen später kam jedoch ein weiterer Lymphknoten neben dem ersten hinzu, die Blutwerte waren weiterhin auffällig, woraufhin ich zum Hämato-Onkologen geschickt wurde. Auch sein erster Eindruck war eine Nachwirkung der Erkältung, obwohl ich inzwischen von Symptomatiken wie Nachtschweiß oder Alkoholschmerz berichtete – letzteres ist ein sehr eindeutiges Symptom für ein Hodgkin Lymphom – dabei schmerzten zwar nicht die Lymphknoten, doch meine Schultern bei Alkoholgenuss.

„Dr. Google“

Erst die umfassende Diagnostik, die weitere vier (!) Wochen später stattfinden sollte, samt CT, Röntgen, Blutuntersuchung und Ultraschall, brachte endlich Aufschluss: Tumormasse im Mediastinum, Hals- und Schulterbereich sowie Auffälligkeiten in Lunge und Milz. Der Radiologe wies bereits darauf hin, dass das alles sehr gut beim Onkologen behandelbar sei, was es genau war, wollte er jedoch nicht sagen. Angesichts dessen, dass bereits Ende Juni 2020 war habe ich mich in den vielen Wochen dazwischen schon mit Dr. Google auseinandersetzen können, was da auf mich zukam und der Onkologe wenige Tage später, an einem Freitag um 19.30 Uhr, offenbarte: Es handele sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um ein Hodgkin Lymphom.

Bis heute vermute ich, dass der graduelle Prozess und meine Auseinandersetzung mit dem Thema dazu führten, dass ich überraschend gefasst auf alles reagierte – schlimmer waren die Reaktionen rundherum und Telefonate die noch folgen sollten, um alles der Familie zu erzählen – denn hier kam alles zusammen: Trauer, Hilflosigkeit, Hoffnung, Mut, Sprachlosigkeit und vieles mehr. Nachdem Anfang Juli nun eine Biopsie durchgeführt wurde, deren Ergebnis weitere zwei Wochen in Anspruch nahm, saß ich Ende Juli beim PET-CT zum Staging. Die letzten zwei bis vier Wochen vor Therapiebeginn waren auch physisch echt Horror. Durch Tumore in einem Brustwirbel bekam ich beim Sitzen und Liegen schnell starke, kolikartige Schmerzen im Rücken, die mir regelmäßig den Schlaf raubten und irgendwann nur noch mit regelmäßiger Schmerzmitteleinnahme zu stillen waren.

Meine Behandlung fand in einem anderen Klinikum als meine Diagnostik statt, da ich ja diese parallel zum Praxissemester durchlief, das ich nicht in der Heimat machte. Das musste nun auch organisiert werden.

Außerdem konnte ich mit meinem Krankheitsstadium an einer Medikamentenstudie teilnehmen, sodass die Studienzentrale der neuen Klinik alles organisierte. Plötzlich hatte ich nach nur 1,5 Stunden alle Termine der kommenden zwei Wochen organisiert bekommen: Vorbesprechung und Unterzeichnung der Studienunterlagen, medizinische Aufnahme, Coronatest, Port-OP und Beginn der Chemotherapie – es kann also auch schnell gehen, doch zwischen ersten Symptomen und Beginn der Chemo lagen fast 19 Wochen.

Erwartung und Realität

Im Gegensatz dazu zeichnete sich nach 6 Wochen Chemotherapie ab, dass ich insgesamt nur 12 Wochen Chemotherapie bekommen sollte, beziehungsweise zusammengerechnet lediglich 16 Tage, verteilt auf 4 Zyklen. Diese überstand ich mit ziemlich wenigen Nebenwirkungen – ganz im Gegenteil dazu, wie ich es mir ausgemalt hatte. So war ich auch wenige Tage nach Entlassung aus dem Krankenhaus wieder ziemlich alltagsfit – konnte keinen Marathon laufen oder intensiveren Sport machen, doch für regelmäßige Spaziergänge und entsprechend Bewegung hatte ich genug Kraft, die mir sicher auch durch die ganze Zeit geholfen hatte.

So saß ich nach 12 Wochen Therapie beim Arzt und bekam die Bestätigung, ich sei nun krebsfrei. Ein dennoch enorm befreiender Satz, auch wenn die Therapie psychisch und physisch relativ „angenehm“ war. Ein Aussage, die man nicht unbedingt erwartet, doch wenn ich meine Erwartungen an die Therapie mit der eigentlichen Therapie verglich, war es doch ziemlich angenehm.