Krebs und Kinderwunsch – Spitzenverband der Krankenkassen will erst Ende 2021 zahlen

30. März 2021 – News

Im Mai 2019 wurde die Fruchtbarkeitserhaltung für junge Krebspatient:innen per Gesetz zur Kassenleistung. Auch die notwendige Richtlinie zum Gesetz ist seit 20.2.2021 in Kraft. Zahlen will der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen trotzdem nicht.

Berlin, 30. März 2021. Krebsbehandlungen können zu Unfruchtbarkeit führen. Seit vielen Jahren kann die Aussicht auf eigene Kinder durch das Einfrieren von Spermien oder Eizellen erhalten werden. Im Mai 2019 wurde diese Kryokonservierung per Gesetz zur Kassenleistung. Nach endlosen 1 ¾ Jahren ist im Februar 2021 auch die zugehörige Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Kraft getreten.

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen hat jetzt zu diesem Thema das Rundschreiben Nr. 183/2021 herausgegeben. Das Rundschreiben ist nicht öffentlich und seine Existenz wurde der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs nur durch den Ablehnungsbescheid einer Kasse bekannt. Es heißt in dem Dokument vom 11.3.2021:

„[…] dass ein Sachleistungsanspruch auf Maßnahmen der Kryokonservierung jedoch erst ab dem Zeitpunkt besteht, wenn durch Entscheidung des Bewertungsausschusses gemäß § 87 Abs. 5b SGB V innerhalb von sechs Monaten nach Inkrafttreten der Kryo-RL (20. Februar 2021) entsprechende Abrechnungsziffern in den einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) eingeführt wurden.“

Übersetzung in Klartext: der Spitzenverband weist die Kassen darauf hin, dass sie erst Ende 2021 zahlen müssen – 2 ½ Jahre nach dem Gesetz.

Warum? Nach Inkrafttreten der Richtlinie des G-BA werden erst noch die Preise für bestimmte Leistungen im Rahmen der Kryokonservierung im EBM festgelegt, bzw. angepasst. Der EBM ist eine Preisliste der gesetzlichen Krankenkassen. Dafür hat der Bewertungsausschuss 6 Monate Zeit. Danach kommt vor Inkrafttreten noch eine Prüfung durch das Gesundheitsministerium innerhalb von 2 Monaten. Danach wird es also November 2021 sein.

„Hier wird in aller Gemächlichkeit der bürokratische Gang abgearbeitet. Die Notlage der jungen Krebspatient:innen bleibt völlig unbeachtet“, sagt Prof. Dr. med. Mathias Freund, Kuratoriumsvorsitzender der Stiftung und fährt fort: „Die Kryokonservierung kann nicht beliebig aufgeschoben werden. Sie muss vor Beginn der Therapie erfolgen. De facto müssen viele Betroffene die bis zu 4.300 Euro nach wie vor selbst zahlen. Viele können das aber nicht“.

Die Stiftung unterstützt junge Betroffene bei der Antragstellung, bei Widersprüchen und auch vor dem Sozialgericht. Aus Sicht der Stiftung ist zu bezweifeln, dass ein nachgeordneter Prozess wie die Anpassung einer Gebührenordnung die Wirksamkeit einer gesetzlichen Regelung hemmen kann, zumal es sich um ein medizinisch anerkanntes und in den Leitlinien empfohlenes Verfahren handelt.

Dazu kommt, dass für einen großen Teil der für die Kryokonservierung notwendigen medizinischen Maßnahmen wie z. B. Laborleistungen oder Narkose bereits EBM-Ziffern vorhanden sind. Und die bis zu 2.000 Euro teuren Hormone für die Eierstock-Stimulation sind zugelassene Medikamente. Sie haben einen festen Preis und haben mit dem EBM überhaupt nichts zu tun.

„Eine pauschale Ablehnung der Kostenübernahme für die Kryokonservierung ist unserer Meinung nach unrechtmäßig“, sagt Prof. Freund.

Betroffene sollten in jedem Fall einen Antrag auf Kostenübernahme stellen und alle Mittel gegen eine Ablehnung ausschöpfen. Aktuelle Informationen finden sich auf den Wissensseiten der Stiftung.

Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs

Jedes Jahr erkranken in Deutschland nahezu 16.500 junge Frauen und Männer im Alter von 18 bis 39 Jahren an Krebs. Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs ist Ansprechpartnerin für Patient:innen, Angehörige, Wissenschaftler:innen, Unterstützer:innen und die Öffentlichkeit. Die Stiftungsprojekte werden in enger Zusammenarbeit mit den jungen Betroffenen, Fachärzt:innen sowie anderen Expert:innen entwickelt und bieten direkte und kompe­tente Unterstützung für die jungen Patient:innen. Die Stiftung ist im Juli 2014 von der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. gegründet worden. Alle Stiftungsprojekte werden ausschließlich durch Spenden finanziert. Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs ist als gemeinnützig anerkannt.

Spendenkonto der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs:
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