„Schon während meines stationären Aufenthaltes hatte ich Hummeln im Hintern“ – Dunjas Geschichte

9. September 2022 – Gastbeitrag

Ein Gastbeitrag von Dunja

Nach vielen Arztbesuchen mit etlichen Blutproben und einigen Coronatests stand im Januar 2021 nach weiterer ausführlicher stationärer Diagnostik nun endlich fest, was all die Monate zuvor zu diesen unspezifischen Symptomen geführt hatte. Es war ein Hodgkin-Lymphom was meine Blutwerte gesprengt hatte, was mich hat schwerer atmen lassen, was dazu geführt hat das ich beim Joggen meinen Freunden immer langsamer hinterhergetrottet bin, was mich beim Aufstieg in den vierten Stock zu meiner Wohnung in Atemnot versetzt hat, was mich hüsteln und nachts hat schwitzen lassen und letztendlich zu 10kg Gewichtsverlust geführt hat.

Rückblickend und mit dem heutigen Wissen über das Krankheitsbild, vollkommen eindeutig. Damals jedoch vollkommen unklar – gab es doch für alles eine Erklärung. Das Schwitzen ließ sich zurückführen auf eine neue Bettdecke, die ich mir gekauft hatte. Konnte es doch schließlich sein, dass diese wärmer ist. Die Gewichtsabnahme habe ich zurückgeführt auf das mehr an Sport, dem ich nachgegangen bin, wollte ich doch zuvor einfach nur fit für meine Jakobswegwanderung sein. Und letztendlich bin ich bis zum letzten Tag vor der Diagnose meinem vollen Sportprogramm nachgegangen. Montags Pilates, dienstags Jumping Fitness und donnerstags Joggen. Von nix kommt schließlich nix. Das Hüsteln und die Atemnot wurden von meiner Hausärztin fälschlicherweise immer mal wieder mit Corona in Verbindung gebracht – wir befanden uns ja schließlich in einer Pandemie. Jedoch blieben jegliche Coronatest negativ, ok dann musste es etwas Asthmatisches sein. Also her mit dem Asthmaspray mit welchem ich mich einige Monate durchgeschleppt habe.

Irgendwann jedoch begann ich zu zweifeln und mich hat diese ständige Ungewissheit über das was denn nun eigentlich mit mir los sei, wahnsinnig gemacht. Ein Hämatologe konnte mir zunächst auch nicht weiterhelfen. Also wurde es Zeit für eine zweite Meinung. Doch auch dort konnte man außer den stets auffälligen Blutwerten zunächst nichts feststellen. Erst zwei weitere Monate und ein Weihnachtsfest bei dem ich nicht in meiner gewohnten Höchstform gekocht und gebacken habe, mussten vergehen, ehe man bei einer Röntgenuntersuchung eine große mediastinale Raumforderung feststellen konnte. Von dort an verlief alles, entgegengesetzt zu dem Prozess davor, rasend schnell – wie im Film. Es folgte ein CT und letztendlich eine stationäre Aufnahme, welche eigentlich nur für eine Nacht geplant war. Aus einer Nacht wurden dann 15 Nächte, mit etlichen Untersuchungen und einer OP, aber immerhin war dann klar was los ist. Ein Hodgkin Lymphom.

Da war sie nun, die Krebsdiagnose mit 33 Jahren! Es mag ein wenig verrückt klingen, aber eine der größten Sorgen die kurz nach der Diagnose in mir schlummerten war neben den Gedanken an den Tod, der zwangsläufig aufkommt, wenn man an Krebs denkt, die Sorge „unfit“ aus der Sache hervorzugehen. Der Gedanke an den Tod wurde mir durch die guten Behandlungsmöglichkeiten und Prognosen recht schnell genommen. Aber die Bilder im Kopf bei den Gedanken an eine bevorstehende Chemotherapie mit den einhergehenden körperlichen Einschränkungen blieben. Also versuchte ich von Beginn an fit zu bleiben und irgendwie gegen den Mist, anzukämpfen. Schon während meines stationären Aufenthaltes hatte ich „Hummeln im Hintern“, bin über die Flure geirrt, um in Bewegung zu sein.

Während der Chemotherapie, welche ich glücklicherweise mit relativ wenigen Nebenwirkungen durchlaufen habe, war ich immer in irgendeiner Form aktiv. Sei es durch die Teilnahme an einer Bewegungsstudie, durch die täglichen Spaziergänge oder durch die Anschaffung jeglicher Outdoorsportgeräte (Inlineskates, Laufschuhe, Gravelbike), welche natürlich getestet werden mussten. Irgendwie habe ich immer etwas geschafft, natürlich mal mehr und mal weniger, aber ich konnte etwas tun. Das hat mir Kraft gegeben und nebenher meinen Tag strukturiert. Ich hatte das Gefühl in irgendeiner Form an meiner Behandlung mitwirken zu können und nicht machtlos dazustehen. Wahrscheinlich war oder ist die Bewegung auch eine Art „Schutzmechanismus“, aber wie ich finde, ein ganz hervorragender, der mich bis heute, auch nach der Behandlung, begleitet und dafür sorgt das ich mich gut fühle, sowohl physisch als auch psychisch!