Schwangerschaft und Krebs – Annes Geschichte

19. Juli 2022 – Gastbeitrag

Ein Gastbeitrag von Anne

Endlich war ich schwanger!!!!! Nach einer Fehlgeburt 10 Jahre zuvor und zwei gescheiterten Beziehungen hatte ich nun endlich „den Richtigen“ gefunden. Ich war zwar schon 39, aber es hatte doch geklappt. Es ging mir ganz gut, bis auf einen heftigen Infekt im 4. Monat.

Ein paar Wochen danach ging es los. Ich fühlte mich schlapp, krank…. Aber sonst… „nichts“.

3 Wochen krankgeschrieben und jeden Tag wurde es schlimmer. Allgemeines Krankheitsgefühl nennt man das. Dann kam das Fieber, jeden Tag ab 14 Uhr, immer ca. 38,5 °C. Ich habe kaum etwas gegessen und getrunken. Bin dann zu meiner Frauenärztin und wollte freiwillig ins Krankenhaus.

Dort Einzelzimmer, weil Verdacht auf irgendwelche Viren (Malaria etc.). Der Entzündungswert war weit über 100 und ging auch mit Antibiotika nicht runter. Nach 3 Tage wurde ich von Güstrow nach Rostock in die Südstadt Klinik überwiesen. „Hier muss ein Hämatologe ran“, meinte der Oberarzt. Ich wusste gar nicht, was das ist.

Nochmal weitere 5 Tage Untersuchungsmarathon (Biopsie rechte Achselhöhle, MRT, Thorax-Röntgen, Magenspiegelung unter Vollnarkose), inzwischen „Lungenentzündung“. Bis zur Diagnose waren es 2 Wochen Hölle für mich.

Ich habe mich so sehr gequält, war so müde, konnte aber nicht schlafen. Dieses Fieber, Schmerzen unter der linken Brust, Nachtschweiß, 3 x tgl. CTG schreiben (Herztöne Kind, die auch immer nachmittags bei Fieber ziemlich schnell waren), Kurzatmigkeit.

Es war alles nur noch anstrengend. Ich konnte nicht mehr, wollte nicht mehr. Es war mir alles egal, ob ich das Kind verliere oder ob ich selber sterbe. Wollte mich einfach nur ausruhen, obwohl ich ja den ganzen Tag nur gelegen hatte.

Dann endlich die Diagnose

Morbus Hodgkin, Hodgkin Lymphom, Lymphdrüsenkrebs!!!!

Hodgkin?? Lymphom??? Was ist das? Noch nie gehört. Egal. Wir wissen endlich, was es ist und können behandeln. Ich war froh, meine Familie und Freunde geschockt. Ja, es war bösartig, ABER sehr gut zu behandeln. Mehr wollte und musste ich zu diesem Zeitpunkt gar nicht wissen. Augen zu und durch und dann wird alles gut. Das gab mir wieder Hoffnung.

Noch eine Knochenmarksbiopsie, Port legen und ab auf Onkologie. Mein Freund durfte auch dort bleiben, hat ein Bett gekriegt. Das war schön und tat mir gut.

Die Lungenentzündung wurde behandelt und dann ging die Chemo los. Erstmal nur „leichte“ Chemo wegen der Schwangerschaft. Schnell ging es mir besser. Nach 4 Wochen Krankenhaus und 2 Chemos durfte ich sogar nochmal nach Hause für 4 Wochen. Eine weitere ambulante Chemo, dann Geburtseinleitung in der 37. SSW. Es war zwar nicht schmerzfrei, aber in dieser ganzen Zeit, das schönste Erlebnis. Zum Glück spontan. Die Kleine war gesund. WAHNSINN.

„Es leuchtet nichts mehr“

Dann ging es richtig los. PET-CT und Hochdosis-Chemo. Gesamt 4 Zyklen. Es war sehr anstrengend, aber mein Freund konnte zu Hause bleiben. wir sind immer zusammen in die Klinik gefahren, was mir sehr geholfen hat.

Ohne meinen Freund hätte ich es nicht geschafft. Er war Tag und Nacht für mich/uns da. Außerdem war es ein schöner Sommer. Wir haben versucht, es zu genießen trotz allem. Nach 2 Zyklen die freudige Nachricht: Es leuchtet nichts mehr. Keine Krebszellen mehr. Noch 2 Zyklen durchziehen und fertig. Yippie!

Tja. Nach nun fast 3 Jahren und sog. Vollremission kann ich sagen, dass ich mehr als dankbar bin. Die Kleine ist wohlauf und mir geht es, bis auf Kleinigkeiten, recht gut. Die Schilddrüse musste leider noch raus und die Schleimhäute sind von der Chemo ziemlich angegriffen. Außerdem bin ich durch die Wechseljahre durch, was aber okay ist.

Das ganze Ausmaß ist mir im Nachhinein erst Stück für Stück klar geworden. Wie knapp alles war, was es für meine Familie bedeutet hat und was das eigentlich für ein riesengroßes Wunder war.

Nun würde ich auch gerne anderen mit Rat und Tat helfen, wo es möglich ist. Von den Ärzten, Schwestern und Pflegern kann ich nur Gutes berichten, sie haben mich genau richtig behandelt.

Leider fühlt man sich allgemein etwas allein gelassen mit vielen Fragen. Inzwischen gibt es für das Thema ja eine Leitlinie. Aber der Austausch mit Gleicherfahrenen kann auch äußerst hilfreich sein.

Das Wichtigste zum Schluss: IMMER POSITIV DENKEN UND MITMACHEN. Das ist sicher schwer in dieser Situation, aber ohne das helfen die stärksten Medikamente nichts.