Ein Gastbeitrag von Carola
Ich bin Carola, 36 Jahre alt und habe mit 31 die Diagnose tripple-negativ Brustkrebs erhalten. Zu diesem Zeitpunkt war ich mit meiner 2. Tochter in der 9. Woche schwanger.
Für mich ist es das erste Mal, dass ich meine Geschichte aufschreibe.
Es war Ende August 2015. Ich hatte einen Termin bei meinem Frauenarzt, um mir bestätigen zu lassen, dass ich schwanger bin.
Ein paar Tage davor hatte ich in meiner linken Brust einen Knoten getastet. Da glaubte ich noch, dass hängt mit der Schwangerschaft zusammen. Meinem Arzt erzählte ich davon und der machte daraufhin einen Ultraschall. Natürlich schaute er zuerst, ob ich schwanger bin. Er gratulierte mir zu meiner zweiten Schwangerschaft. Ich war total happy.
Dann kam der Brustultraschall. Er war sich nicht sicher und schickte mich zum Radiologen weiter.
Er hatte nichts von Krebs zu mir gesagt. Völlig glücklich und naiv ging ich zu dem Termin, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass es Krebs sein könnte.
Dann war ich beim Radiologen. Er machte den Ultraschall und sagte mir knallhart ins Gesicht: Sie haben Krebs. Und das mit ihrem Kind können Sie vergessen. Dieser Moment war für mich der schlimmste während meiner ganzen Erkrankung.
Da stand ich nun da. Mit dem Arztbrief in der Hand. Völlig aufgelöst fuhr ich vom Radiologen zu meinem Frauenarzt. Wie ich diese 25 km gefahren bin, weiß ich bis heute nicht mehr.
Danach folgten Arztgespräche, weitere Ultraschall-Untersuchungen, Biopsien und das endlose Warten auf die Ergebnisse.
Dann kam der bestätige Verdacht: Brustkrebs tripple negativ, G3, HER2/neu negativ in der 9 Schwangerschaftswoche.
In dem Moment habe ich nur an meine Familie und an mein Baby gedacht und die Tränen liefen nur so runter.
Aber die Ärzte in Erlangen waren total kompetent und haben mir gesagt wir schaffen das. Und ihr Baby auch.
Von da an habe ich die Krankheit angenommen und mich dem Kampf gestellt. Aufgeben war nicht drin, denn für mich war es so wichtig, dass mein kleiner Bauchzwerg bei mir bleiben darf.
Dann ging es los mit dem Staging. Natürlich alles in Low Form, damit meinem Baby nicht geschadet wird.
Zum Glück wurden keine Metastasen festgestellt und die Wächter waren auch frei.
In der 16. Schwangerschaftswoche ging es dann mit der Chemotherapie los. 4 Zyklen Epirubicin und anschließend 12-mal Paclitaxel. 16 Wochen lang habe ich fast täglich gespeit.
Vor jeder Chemo bekam ich einen Ultraschall, um zu schauen, ob es dem Baby gut geht.
„Ich habe mich nie allein gefühlt“
Während meiner Behandlung war mein Mann immer an meiner Seite. Nach der jeder Chemo sind wir zusammen zu meinen Eltern gefahren. Und da gab’s dann Kartoffelsuppe.
Unsere große Tochter (damals 2,5 Jahre) war tagsüber bei ihrer Patin bestens aufgehoben. Abends hat mein Mann sie dann immer wieder abgeholt.
Die Haare zu verlieren war schon schlimm für mich. Aber ich habe nie eine Perücke getragen. Beim Aussuchen der Perücke wurde meine Tochter von ihrem Mittagsschlaf wach. Sie hat sich so erschrocken, dass ich sie deswegen nie getragen habe.
Während der 2. Phase der Behandlung ging es mir recht gut. Ich glaube, dass mein Baby mich ganz gut beschützt hat in dieser Zeit. Ich habe mich nie allein gefühlt.
Nur der Tumor wollte nicht kleiner werden. Er wuchs weiter auf 10.3 cm Durchmesser.
Unser Ziel war es die 35. Schwangerschaftswoche zu erreichen. Doch bei meinem 10. Chemo-Termin rieten die Ärzte beim Überprüfen des Schwangerschaftsultraschall von der Chemo-Gabe ab.
Das Baby sollte in den nächsten Tagen zur Welt kommen.
Der Plan war erst das Baby zu holen und dann den Tumor zu entfernen. Alles in einer OP. Wir beschlossen brusterhaltend zu operieren. Ich wollte die Brust nicht ganz verlieren. Ich war erst 31 Jahre alt.
Das Problem dabei war, dass der Tumor ziemlich groß war. Die Ärzte rieten mir davon ab, aber ich wollte es. Unbedingt.
Am 4.4.2016 war es dann so weit. Um 13:56 Uhr kam dann unsere kleine Tochter gesund auf die Welt. Mein Mann konnte sie nach einigen Untersuchungen begrüßen.
Sie konnten ihren Blutzucker nicht halten, deswegen musste sie auf die Überwachung.
Um ca. 16:30 Uhr bin ich dann im Aufwachraum wieder zu mir gekommen.
Meine erste Frage war natürlich nach meinem Mädchen. Danach habe ich erst nach der Brust gefragt. Der Oberarzt hatte es geschafft brusterhaltend zu operieren. Mir ging es soweit ganz gut und um 19:30 Uhr konnte ich dann das erste Mal mein kleines Mädchen sehen und sie im Arm halten.
Nach ein paar Tagen spielte sich das mit Blutzucker ein, aber sie blieb die ganze Zeit auf der Überwachung. Einfach um sicher zu gehen, dass alles passt. Ich war auch sehr geschwächt und brauchte viel Schlaf.
Wir waren dann eine Woche im Krankenhaus. Ich hatte von der Kaiserschnittnarbe mehr Schmerzen als an der Brust.
Nach ca. 3 Wochen zuhause platzte die Naht an der Brust. Die wurde dann von dem Oberarzt wieder zugenäht.
Dann nach ca. 2 Wochen wieder das gleiche. Wundheilungsstörungen kamen dazu. Jetzt konnte der Oberarzt sie nicht mehr retten. Er musste die Brust komplett entfernen.
Die Nacht vor der Mastektomie war echt schrecklich. Ich dachte nur, mit einer Brust leben geht nicht. Ich bin doch noch jung.
Aber dann, als ich am 17.05 die Mastektomie überstanden hatte, ging es mir gut und ich war total erleichtert. Ich habe mich gegen einen Aufbau entschieden.
Es folgte eine Woche Krankenhausaufenthalt. Es war schon schwer nicht bei meinen Mädels zu sein. Aber ich wusste, sie sind in guten Händen und ich muss einfach schauen, dass ich wieder fit für sie werde.
Mein Mann hat mich jeden Tag im Krankenhaus besucht. Er nahm Elternzeit und danach war er als Haushaltshilfe zu hause.
Nachdem die Narbe gut verheilt war, kam noch die Bestrahlung. 6 Wochen jeden Tag, außer am Wochenende. Mein Papa hat mich jeden Tag gefahren.
Währenddessen musste ich noch 9 Zyklen Chemotabletten nehmen. Im Dezember 2016 war ich dann fertig mit der Therapie.
So normal wie möglich das Leben weiterführen
Mittlerweile gehe ich zwei Mal im Jahr zur Nachsorge. Das ist jedes Mal sehr mit Angst und Aufregung verbunden.
Ich trage außerdem eine Maßbrustprothese. Die ist echt mega! Meistens denke ich nicht einmal daran, dass ich eine Prothese trage. Das kann ich wirklich nur empfehlen!
Unsere Kleine ist inzwischen fast 5 Jahre alt und ein kleiner Wirbelwind. Ich denke ich habe es ihr zu verdanken, dass ich die Chemo so gut überstanden habe.
Und natürlich habe ich auch für unsere große Tochter und Familie gekämpft. Ich habe versucht für sie so normal wie möglich das Leben weiterzuführen.
In der Zeit, in der ich krank war, fühlte ich mich nicht krank. Ich war da im Hamsterrad drin. Ich glaube für meine Familie und Freunde war es schlimmer als für mich selbst.
Erst ein Jahr danach verstand ich, wie krank ich eigentlich war. Und was für Glück wir hatten. Ich bin einfach nur dankbar, dafür dass alles so gut ging.