Ein Gastbeitrag von Sandra
Im Februar 2020 erfuhr ich von der Schwangerschaft, die Freude war riesig und bis auf ein paar Probleme in den ersten Wochen verlief auch alles super. Bis zum August. Dort hatte ich beim Frauenarzt einen Termin zur Kontrolle der Brust. Ich muss dazu sagen, dass ich seit einigen Jahren weiß, dass ich das BRCA1 Gen habe. Daher bekomme ich 2x jährlich eine engmaschigere Kontrolle. Im Mai 2020 hatte ich noch einen Kontrolltermin in der Uniklinik in Köln, dort war noch nichts von einem Tumor zu sehen.
Doch nur 3 Monate später sah es ganz anders aus. Dieser Termin wäre eigentlich erst 6 Monate nach dem Termin in Köln gewesen, doch wegen der Schwangerschaft und dem Milcheinschuss sollte ich bereits im August zur Kontrolle. Zu meinem Glück. Denn dort entdeckte der Doktor plötzlich etwas in der Brust. Ich wurde direkt zur Stanzbiopsie geschickt.
Diese war an einem Freitag und das Wochenende über musste ich auf ein Ergebnis warten. Montag kam dann der Anruf vom Frauenarzt. Das Schlimmste wurde wahr. Es war tatsächlich Brustkrebs. Ein höchst aggressiver schnellwachsender G3 triple negativ Tumor. Und das mit 27 Jahren. Damit habe ich nie gerechnet.
Einen Tag später hatte ich direkt einen Termin in der Klinik. Weitere zwei Tage später wurde mir der Port eingesetzt. Und darauf die Wochen montags bekam ich schon die erste Chemo (EC). Mit Baby im Bauch.
Zur Diagnose war ich in der 33 Schwangerschaftswoche. Ich bekam dann die erste Chemo, drei Wochen später die nächste und dann sollte zunächst die Geburt eingeleitet werden (38. SSW). Am 21.09. sollte ich stationär für die Geburt aufgenommen werden. Am 20.09. ging aber die Fruchtblase schon auf. Der Kleine machte sich schon von allein auf den Weg. Am 21.09. war ich dann auch im Krankenhaus, hatte Wehen und der Muttermund war 3 cm geöffnet. Doch leider öffnete er sich nicht weiter.
Nach kurzer Zeit wurden die Herztöne unseres Sohnes immer schlechter und auch mir ging es vom Kreislauf gar nicht gut. Die Ärzte sagten es müsse nun zügig ein Kaiserschnitt gemacht werden. Er kam zur Welt, ohne Eigenatmung und Herzfrequenz.
Er kam direkt auf die Intensivstation. Er lebte. Aber es ging ihm sehr schlecht. Erst am Abend darauf stellte sich heraus, dass er eine Blutvergiftung hatte. Wir haben sehr um sein Leben gebangt. Er hatte kaum Farbe, war sehr weiß. Über 24 Stunden voller Angst und Tränen vergingen. Nach der Diagnose bekam er eine Bluttransfusion, die ihm das Leben rettete. 10 Tage Antibiotika und Intensivstation. Dann ging es ihm wieder gut und wir konnten ihn endlich mit nach Hause nehmen.
Die Spuren der Therapie
Wieso er eine Blutvergiftung hatte, weiß man bis heute nicht. Ob die Chemo spurlos an ihm vorbei gegangen ist, ist fraglich. Vielleicht hat die sein Immunsystem mit geschwächt. Ich bin da sehr skeptisch. Aber ich werde es nie erfahren.
Meine Chemo Therapie lief weiter. 16 Chemos insgesamt. Zwei, dreimal musste diese verschoben werden, ich hatte immer Last mit schlechten Blutwerten. Am 17.02.21 hatte ich die letzte. Es war eine harte Zeit, mein Mann war zum Glück zuhause in Elternzeit und die Familie lebt im gleichen Ort. Allein hätte ich es mit einem Säugling nicht geschafft. Ich war oft sehr geschwächt nach den Chemos.
Von Chemo zu Chemo ging es mir schlechter. Ich hatte immer Last mit irgendwelchen Nebenwirkungen. Konnte keine großen Spaziergänge machen. Kraft und Lustlosigkeit. Und vor allem Traurigkeit. Weil ich das Gefühl hatte viel Zeit mit meinem Kind zu verpassen. Weil immer wieder die Krankheit im Vordergrund stand.
Am 23.03.21 wurde ich dann operiert. Beide Brüste wurden abgenommen und neu aufgebaut.
Seitdem gehe ich alle 3 Monate zur Nachuntersuchung. Ich habe es geschafft und bin froh, dass es frühzeitig erkannt wurde. Das Schlimmste für mich war, dass ich das Leben mit meinem Kind anfangs nicht so genießen konnte, wie es gesunde Mütter können. Aber ich hoffe, dass bei einem zweiten Kind alles anders verläuft und ich alles nochmal intensiver erleben kann.
Angst bleibt natürlich mein ständiger Begleiter. Egal wo ich Schmerzen im Körper habe, ich habe sofort Krebs im Kopf. Und natürlich Angst bei einer nächsten Schwangerschaft wieder an Krebs zu erkranken. Denn wer garantiert mir, dass der Ausbruch des Krebs wirklich nichts mit der Schwangerschaft zu tun hatte?
Aber ich lasse mich nicht unterkriegen. Ich genieße jetzt mein Leben noch viel bewusster und schaue nach vorne.