Ein Gastbeitrag von Wiebke
Ich bin Wiebke, 22 Jahre alt und arbeite im Rettungsdienst als Notfallsanitäterin.
Während meiner Schicht bekam ich plötzlich Rückenschmerzen, die sich anders anfühlten als ich es bisher erlebt hatte.
Weil es unglücklicherweise Freitagabend war, begab ich mich direkt in das nächstgelegene Krankenhaus, in dem zunächst ein Nierenstein vermutet wurde. Nachdem ich stationär aufgenommen wurde und sich mein allgemeiner Gesundheitszustand immer weiter verschlechterte, wurde ein CT veranlasst, auf dem eine etwa 10cm große „Raumforderung“ im Bereich der rechten Niere entdeckt wurde.
So ganz sicher, was das jetzt sein könnte, war sich niemand und ich hörte sogar von einem Arzt: „sowas habe ich noch nie hier gesehen“. Durch diese Aussage und die Tatsache, dass mich aufgrund der Corona-Beschränkungen erstmal niemand aus meiner Familie besuchen durfte, fühlte ich mich einfach hilflos. Zum Glück hatte ich in meinem Zimmer immer eine andere Patientin, mit der ich mich super verstand und die mich trotz eigenem Leiden versuchte aufzubauen.
Zunächst wurde dann die Diagnose Leberzyste in den Raum geworfen, gleichzeitig jedoch auch die Fachabteilung Onkologie mithinzugezogen, was mich sowohl verwirrte als auch verängstigte. Die Oberärztin war sich sicher, dass es sich um einen Tumor der Nebenniere handelt und ordnete, bei sich weiter verschlechternden Blutwerten, einen OP-Termin am nächsten Tag an. Auf mein Fragen, ob dies auch Krebs sein könnte, kam zunächst nur „was selten ist, ist selten und was häufig ist, ist häufig.“
Nach einer circa 6,5-stündigen OP sowie schmerzlindernden Therapie über ungefähr zwei Wochen wurde ich entlassen. Immer noch unwissend, was für eine Art Tumor mir entfernt wurde.
Als mir mein Onkologe dann circa zwei Wochen später berichtete, dass es sich um die seltene Erkrankung des Nebennierenrindenkarzinoms handelt, war ich geschockt. Natürlich hatte ich selbstständig recherchiert, welche möglichen Diagnosen infrage kämen und das was ich fand, war eine bisher wenig dagewesene Tumorart mit schlechten Aussichten und wenig Therapiemöglichkeiten.
Jedoch versicherte mir mein Arzt, dass er im ständigen Kontakt zu Schwerpunktkliniken wie z. B. dem Uniklinikum Würzburg stehe, er sich selbst auch sehr für diese Art Krebs interessiere und sich dementsprechend gerne neuste Studienergebnisse reinholt. Mit einer medizinischen Vorbildung denkt man immer, man wäre auf solche Nachrichten vorbereitet, aber wenn es einen dann selbst trifft und man vom Behandelnden wieder zum Patienten wird, ist das sehr schwierig zu verarbeiten.
Nun erwarteten mich neben der Implantation eines Ports, einer Chemotherapie und vielen Tabletten mit vielen Nebenwirkungen, Termine bei Endokrinologen (aufgrund der entfernten Hormonausschüttenden Nebenniere) sowie bei Gynäkologen und einer Kinderwunschklinik.
Dass ich mit 22 Jahren schon über das Entnehmen von meinen Eizellen oder sogar den Eierstöcken nachdenken müsste, hätte ich mir vorher niemals vorstellen können. Aber als es dann hieß, dass für die notwendige vorherige Therapie mit Hormonen keine Zeit mehr bleibt und mein Traum eines Tages selbst schwanger werden zu können in Gefahr geriet, traf mich das wohl mit am schwersten.
Glücklicherweise waren meine Familie und Freunde immer da, um mich zu unterstützen als meine Haare ausfielen, meine zwei neuen großen Narben mir sowohl körperlich als auch psychisch zusetzten und ich erfuhr, nicht mehr in meinem Traumjob arbeiten zu können. Mithilfe von kompetenten Ärzten und einer Psychoonkologin habe ich mir trotz vieler Tränen wieder Mut machen können, Zukunftspläne zu schmieden und Freude am Leben zu finden, sodass ich zum nächsten Semester ein Studium beginnen und umziehen werde.