Am 23. Januar 2020 hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) seinen „Beschlussentwurf zur Erstfassung der Richtlinie zur Kryokonservierung von Ei- oder Samenzellen oder Keimzellgewebe sowie entsprechende medizinische Maßnahmen wegen keimzellschädigender Therapie“ den medizinischen Fachgesellschaften zugeleitet. Die Frist zur Stellungnahme endete am 21. Februar. Eine Anhörung von Patientenorganisationen ist im Verfahren des G-BA nicht vorgesehen. Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene hat dem G-BA dennoch eine Stellungnahme zugeleitet. Der Eingang wurde am 24. Februar 2020 bestätigt.
Berlin, 26. Februar 2020 – Im Mai 2019 ist das Einfrieren von Eizellen, Spermien und Keimzellgewebe per Gesetz Kassenleistung geworden. Diese sogenannte Kryokonservierung kostet bis zu 4.300 € für junge Frauen und etwa 500 € für junge Männer und musste bisher, einschließlich der Lagerkosten von etwa 300 € pro Jahr, selbst getragen werden. Für die Umsetzung des Gesetzes hat der G-BA jetzt den Entwurf erstellt.
In ihrer Stellungnahme geben Prof. Dr. med. Diana Lüftner, Vorstand der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs und Prof. Dr. med. Mathias Freund, Vorsitzender des Kuratoriums dem G-BA Anerkennung dafür, dass die Richtlinie den behandelnden Ärzten die Beurteilung überlassen wird, ob die Erkrankung oder geplante Therapie die Fruchtbarkeit gefährdet und daher eine Kryokonservierung erforderlich ist. Auch für den Ablauf der notwendigen Beratung der Betroffenen wurde insgesamt eine gute Lösung gefunden.
Scharfe Kritik übt die Stiftung jedoch am Vorstoß von Krankenkassen und Kassenärztlicher Bundesvereinigung, mit dem die Kryokonservierung von Eizellen für Mädchen unter 18 Jahren von der Finanzierung ausgeschlossen werden soll. Man habe Bedenken wegen der fehlenden formalen Zulassung für die Hormone für die Stimulation der Eierstöcke unter 18 Jahren, so die Begründung.
In der Praxis werden diese Medikamente aber bei Mädchen unter 18 Jahren erfolgreich eingesetzt, wie eine 2019 in den USA veröffentlichte Studie zeigt[1]. „Niemand wird verstehen, wenn das Einfrieren von Eizellen für ein Mädchen von 18 Jahren bezahlt wird, für die Bettnachbarin mit 17 Jahren aber nicht“, sagt Freund.
Scharfe Kritik äußert die Stiftung auch daran, dass etliche Patienten an der oberen Altersgrenze durch Zusatz zur Richtlinie von der Finanzierung ausgeschlossen werden sollen. Die Kryokonservierung soll es nach den Vorstellungen der Krankenkassen nur geben, wenn auch die nachfolgende künstliche Befruchtung noch vor dem Erreichen der Altersgrenze von 40 Jahren für Frauen und 50 Jahren für Männer realisiert werden kann. Das ist aber eine Beurteilungsfrage und es trifft praktisch ausschließlich die durch die Krebstherapie betroffenen Frauen.
Damit wäre dem Streit Tür und Tor geöffnet, denn einige Kassen würden diese Bestimmung sicherlich für Ablehnungen nutzen. „Ein solcher Streit ist Menschen nicht zumutbar, die grade die Diagnose Krebs erfahren haben“, sagt Lüftner.
Leider passen diese Vorstöße zu der starren und ablehnenden Haltung einiger Krankenkassen auf diesem Gebiet. „Die Stiftung bekommt viele Hilfeanfragen von Betroffenen, bei denen vor allem im Bereich der Ersatzkassen die Kostenübernahme für die Kryokonservierung abgelehnt wurde“, so Freund. Andere Krankenkassen gehen hingegen bereits heute flexibel auf ihre Versicherten zu, wie die Stiftung auf ihren Seiten dokumentiert hat.
„Wir machen täglich die Erfahrung, wie wichtig es ist, für die Interessen der Betroffenen einzutreten und ihnen konkrete Hilfen zu geben“, fährt Freund fort und sagt weiter: „Deshalb wünschen wir uns auch, dass der G-BA in seine Prozesse eine Stellungnahme-Möglichkeit für Patientenorganisationen regelhaft einbindet. Anhören kann doch nicht schaden!“
Jedes Jahr erkranken in Deutschland nahezu 16.500 junge Frauen und Männer im Alter von 18 bis 39 Jahren an Krebs. Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs ist Ansprechpartnerin für Patienten, Angehörige, Wissenschaftler, Unterstützer und die Öffentlichkeit. Die Stiftungsprojekte werden in enger Zusammenarbeit mit den jungen Patienten, Fachärzten sowie anderen Experten entwickelt und bieten direkte und kompetente Unterstützung für die jungen Betroffenen. Die Stiftung ist im Juli 2014 von der DGHO Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie e. V. gegründet worden. Alle Stiftungsprojekte werden ausschließlich durch Spenden finanziert. Die Deutsche Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs ist als gemeinnützig anerkannt.
Spendenkonto der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs:
Postbank, IBAN: DE57 1001 0010 0834 2261 04, BIC: PBNKDEFF
(Die angegebene Genderform gilt für alle Geschlechter.)
[1] Hipp, H. S., Shandley, L. M., Schirmer, D. A., McKenzie, L., and Kawwass, J. F. Oocyte Cryopreservation in Adolescent Women. J Pediatr Adolesc.Gynecol. 32(4), 377-382. 2019.